wolfsrudel hat geschrieben:Was mir auf dem Herzen liegt ist folgendes: Wie stehen die Brüder hier eigentlich zu Israel[?]
Wäre gut, wenn hier auch Brüder schrieben welche bejahende Brüdergemeindler sind, ich freue mich auf kommentare aller Art.
Hallo wolfsrudel.
Ich [als bejahender Brüdergemeindler]
schreibe hier einmal frei von der Leber und ohne den obigen FMN Artikel gelesen zu haben, dass ich Israel (dem Volk als
Menschen und dem System als
Staat) völlig neutral gegenüber stehe. Und ich persönlich glaube nicht, dass es meine Verantwortung ist, in einem ständigen Gebet besonders für Israel (also mehr als für andere Ungläubige!) einzutreten. Das liegt nicht zuletzt daran, dass ich ein Vertreter der Heilszeiten oder Haushaltungen bin, also
Dispensationalist!
Meine Frage [vielleicht auch Gegenfrage] wäre grundsätzlich, was soll ich konkret zu Gott beten in Bezug auf Israel? Ausser das Gott will das alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen?
ich meine, wir sollten zwischen der Souveräniät Gottes und unserer Verantwortung unterscheiden. Gott ist souverän in seinem Handeln mit der Weltgeschichte - das muss ich anerkennen - und Gott hat sein irdisches Volk nicht verstoßen nach Rö 11,1. Da brauchen wir also keine Sorge haben. Ich muss dann aber auch ebenfalls anerkennen, dass Gottes irdischem Volk eine Verstockung widerfahren ist:
Denn ich will nicht, Brüder, dass euch dieses Geheimnis unbekannt sei, damit ihr nicht euch selbst für klug haltet: dass Verstockung [Verblendung] Israel zum Teil widerfahren ist, bis die Vollzahl der Nationen eingegangen sein wird; und so wird ganz Israel errettet werden... Rö 11,25 ff.
Nirgends im NT sehe ich eine kollektive Verantwortung der Gemeinde Christi heute in Bezug auf die Verstockung Israels oder eine eine besondere Verantwortung Israel gegenüber. Daher meine Frage, was beinhaltet ein Gebet für Israel, dass Gott die Verstockung aufhebt(?), dass er endlich weitermacht mit Israel? Bedenke was es heißt in Rö 11,26, die Verstockung Israels währt solange bis die Vollzahl der Nationen eingegangen ist, dass heißt, bis zur Entrückung der Gemeinde, des himmlischen(!) Volk Gottes in den Himmel, ins Vaterhaus. So(!) wird ganz Israel errettet werden - und nicht anders.
Bevor nicht der Herr Jesus wiederkommt (Joh 14) wird sich am geistlichen Zustand Israels (als ganzes gesehen) nichts ändern. Unabhängig davon kann mir im besonderen die Errettung israelischer Seelen am Herzen liegen, keine Frage und wenn Gott Geschwistern einen Missionsauftrag in Israel gibt, muss er getan werden, keine Frage.
Es scheint, dass den gläubigen Römern das Thema "Israel" ebenfalls ein gedankliches Anliegen war, denn interessant ist der Einschub: "damit ihr euch nicht selbst für klug haltet." Ich meine darin einen kleinen Seitenhieb des Paulus an die Römer und des Geistes Gottes für uns heute zu erkennen, in der Thematik vielleicht nicht weiter zu gehen, als wir es in der Bibel finden. Paulus selbst war ja auch Jude und auch - was seine "Brüder dem Fleische nach" anging - innerlich hin und her gerissen, wenn er in Rö 9,1 ff schreibt:
Ich sage die Wahrheit in Christus, ich lüge nicht, indem mein Gewissen mit mir Zeugnis gibt in dem Heiligen Geist, dass ich große Traurigkeit habe und unaufhörlichen Schmerz in meinem Herzen; denn ich selbst, ich habe gewünscht, durch einen Fluch von Christus entfernt zu sein für meine Brüder, meine Verwandten nach dem Fleisch; die Israeliten sind, deren die Sohnschaft ist und die Herrlichkeit und die Bündnisse und die Gesetzgebung und der Dienst und die Verheißungen; deren die Väter sind, und aus denen, dem Fleisch nach, der Christus ist, der über allem ist, Gott, gepriesen in Ewigkeit. Amen. [Hervorhebung von mir]
Das Hervorgehobene heißt für mich, dass Paulus sich und sein Heil quasi opfern wollte, damit doch seine leiblichen Geschwister das erkennen mögen, was Gott ihm gezeigt hatte. Aber auch er konnte die Verstockung nicht verändern, verkürzen oder gar aufheben sondern muss anerkennen, dass der Christus, den er predigt, Gott, über allem ist. Und nachdem er den Römern das in Kapitel 11 erklärt hatte muss er auch das Kapitel mit der Anerkennung der Souveränität Gottes mit seinem irdischen Volk Israel und seinem himmlischen Volk der Gemeinde heute und einer Doxologie darüber beenden:
O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind seine Gerichte und unausspürbar seine Wege! Denn wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Mitberater gewesen? Oder wer hat ihm zuvorgegeben, und es wird ihm vergolten werden? Denn von ihm und durch ihn und für ihn sind alle Dinge; ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.Weiter kann ich auch nicht erkennen, dass das NT lehrt, dass wir als Gemeinde heute eine besondere Verantwortung Israel gegenüber haben, noch das irgendwo unser Standpunkt gegenüber Israel neu definiert wird. Desweiteren kann ich auch keine "deutsche Verantwortung" im Sinne einer geistlichen anerkennen, weil die "deutsche Verantwortung" Israel gegenüber aus der Weltpolitik entstanden ist und die Weltpolitik ist niemals Grundlage für eine geistliche und bibeltreue Beurteilung der Dinge Gottes und das NT hat z.B. 1920 (ohne Antisemitismus und ohne Staat Israel) genauso gegolten wie für uns heute. Wenn wir politische Zusammenhänge in geistliche Beurteilung mit einbinden wollen, landen wir da, wo die sog. Emmaus Jünger niedergeschlagen standen:
Wir dachten, dass er der sei der Israel erlöse... und das "erlösen" bezog sich nur auf die römische Besatzungsmacht. Gleichwohl uns politische Ereignisse bestätigen können, dass Gott sein irdisches Volk nicht vergessen hat (zB. Staatsgründung Israel 1948).
Darüberhinaus hatte ich persönlich schon einmal schriftlichen Kontakt mit einem orthodoxen Juden und alles Bemühen eskalierte darin, dass sie weder die Schriften des Paulus noch das NT als Gottes Wort anerkennen, weder das die Juden den Messias gekreuzigt haben noch dass Jesus Christus der Angekündigt der Schriften und Propheten war. Verstockung! Exakt die Worte aus 2Kor 3,14 ff:
Aber ihr Sinn ist verstockt worden, denn bis auf den heutigen Tag bleibt beim Lesen des alten Bundes dieselbe Decke unaufgedeckt, die in Christus weggetan wird. Aber bis auf den heutigen Tag, wenn Moses gelesen wird, liegt die Decke auf ihrem Herzen. Wenn es aber zum Herrn umkehren wird, so wird die Decke weggenommen. Und exakt deswegen kann es nicht die Bemühung der Gemeinde heute sein, die Decke vom Herzen Israels nehmen zu wollen. Die "Bemühung" der Gemeinde heute kann nur sein, ihren Herrn und Bräutigam zu erwarten und (nach 2Petr 3,12) seine Ankunft [wörtlich] zu beschleunigen, denn
so wird Israel errettet werden.
für Das Volk Israel, für Beistand und Erweckung in diesem Volk zu beten, nahm meines Erachtens kaum einen nennenswerten Raum ein; wenn überhaupt.
Bei allem was ich geschrieben habe, will ich nicht ausser Acht lassen, dass wir selbstredend für eine Erweckung und auch für Beistand der Menschen insbesondere in Zeiten der Kriege beten dürfen, keine Frage. In unserer örtlichen Gemeinde wird eigentlich regelmäßig für Menschen in Kriegs- und Krisengebieten gebetet und das wird es auch bei Attacken auf Israel (zB wenn der Iran mal wieder seine Messer wetzt) aber ich meine mich zu erinnern immer unter der Beachtung der o.g. biblischen Lehre und der Hand Gottes mit seinem irdischen Volk.
Ich möchte Dir abschließend eine dringende Buchempfehlung aussprechen. Und zwar aus dem Daniel Verlag das Buch
Der vergessene Reichtum - Das Geheimnis Gottes in den Epochen seines Handelns. Eine
Leseprobe gibt's beim Anlicken der Links. Mir persönlich war und ist dieses Buch sehr sehr hilfreich.
Freundlichst. Felix