Darbys Verfallslehre und das Ältestenamt

Bibelverständnis der Brüderbewegung in Theorie und Praxis

Re: Darbys Verfallslehre und das Ältestenamt

Beitragvon Felix am Di 19. Jul 2016, 12:36

Christian O. hat geschrieben:Die Problematik ist m.E. die, dass es keine "offizielle Lehre" der ´V.´gibt, also keine Dogmatik oder ähnliches. Es findet sich immer eine Gegenposition in Lehre und Praxis der ´V.´, die die jeweils andere Seite - also Du oder ich - als typisch empfinden können. Du sagst z.B., dass das Buch von CB über das Frauenbild und die Rolle der Frau nicht (mehr) die Position der ´V.´darstellt, obwohl MS´s Artikel in die gleiche Richtung geht.

Position ist es noch, denke ich (und bei Haarlänge ja sowieso), denn die Mehrheit verhält sich ja so. Die "Lehre der Brüder" ist nicht derart offiziell, dass sie in den persönlichen, ehelichen oder familären Bereich des/der Gläubigen hineinreguliert. In meinem Dunstkreis werden die Termini nicht (mehr) bei Namen genannt. Ich bin nicht in Jugendstunden-Arbeit involviert und habe(n) keine Kinder, hatte aber schon'mal vor meinen Kenntnisstand zu dieser Frage (latent) upzudaten, also ob das überhaupt noch irgendwie Thema ist. Ggf. schreibe ich dazu noch im "Wurst" Thread ;)

Du sagst z.B., dass die Taufpraxis der ´V.´ (Glaubens- bzw. Bekenntnistaufe) die biblisch richtige ist, Darby hätte das durchaus was Kindertaufe angeht anders gesehen.

Ich kenne die Termini "infant" und "household-baptism" aus der englischen Literatur. Es hat ja in den ersten christlichen Gemeinde durchaus sog. Familientaufen gegeben: Lydia (Apg16), Stephanas (1Kor1), Cornelius? (Apg10+11). Nun, wir sind ja keine Darbysten, die Darby wörtlich zu Füßen liegen. Wir praktizieren Kindes-/Familientaufe nicht, stellen sie aber mehr oder weniger nicht in Abrede, d.h. taufen als Kind getaufte und später zum Glauben gekommene Personen nicht ohne persönlichen Wunsch nocheinmal.

Und welche Spielart des Dispensationalismus ist Lehre der ´V.´? Der von Darby, von Scofield, von Ryrie oder neuerdings von den Soundwords - Autoren?

Die Haushaltungen sind bei den Brüdern IMHO auch nicht lehrmäßig festgenagelt. Die 7 (+ewiger Zustand) Scofield'schen sind ganz sinnfällig und wohl auch in der V. geläufig. Zum Bibelverständnis sind die 7 aber imho auch nicht grundsätzlich erforderlich; allerdings ist ein "Mindestdispensationalismus" erforderlich ansonsten kommt man bei der Bibelauslegung in die Bredouille... Mit "mindest" meine ich Gesetz/Gnade, Israel/Nationen, Friedensreich/Himmel usw.
"Neuerdings von Soundwords"? Meinst Du deren Buch "Der vergessene Reichtum"? Tolles Werk! Kann ich Dir empfehlen und ich persönlich habe da lange schon drauf gewartet auf so eine Art "Comprehensive Bible Study Tool".

Ausserdem scheint es - mittlerweile - eine ausgesprochen heterogene Landschaft der geschlossenen Brüderbewegung zu geben, denn Du schilderst viele Dinge doch substantiell anders, als ich sie durch verwandtschaftliche und auch freundschaftliche Verflechtungen zu mehreren ´V.´ meines engeren Umfelds mitbekomme.

Substanziell anders? Bis auf die üblichen "großen" Lehrfragen gibt sehr wohl Unterschiede ....in der örtlichen Verwaltung. Wenn, dann musst Du's konkretisieren.

Sag an, woher weist Du das mit dem ´Bild von Israel´? Beim Ölbaum wäre ich ja bei Dir (Rö. 11,17ff), aber das mit dem Feigenbaum wäre doch zu belegen.

In den Evanglien spielt der Herr Jesus mittels Feigenbaum auf Israel und seinen Zustand an. Vor dem "Weichwerden" (Mt 21,19ff) prangert der Herr den Zustand des Feigenbaumes an: Er hatte Hunger und suchte Frucht aber am Feigenbaum waren nur Blätter (Äußerlichkeiten) aber keine Frucht (für ihn) dahinter. Das ist durchaus ein Bild vom ungläubigen Israel, was alsdann im Völkermeer verdarb...Weinberg ist ja auch schonmal Bild von Israel...
Zurück zu Lindsey: Die Grüdung des Staates Israel kann durchaus ein "Weichwerden der Zweige" der Zweige sein oder so genannt werden. Die Gründung des Staates kann auch durchaus für ein nahendes Ende der "Zeit der Zerstreuung" sein, keine Frage. Heißt wörtlich aber auch nur, dass "der Sommer nahe ist" und ist kein Anfang einer Rechenkonstruktion. Zumal in Mt24+25 (gemäß der Art des Evangeliums) imho durchweg nur Israel als irdisches(!) Reich angesprochen ist. Eine Entrückung in den Himmel und eine himmlische Beziehung im Glauben (wie am Ende von Johannes Ev) ist im letzten Part von Matthäus überhaupt nicht Thema. Die Frauen huldigen ihn als König* und fassen ihn an(!) und das Ev endet (ohne Himmelfahrt!) mit den Worten "ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters".

Freundlichst. Felix

*) Deshalb (und vielleicht auch bezüglich Thema Verfall!!!) liegt der Lehre und dem Empfinden der Brüder die fast nicht zu stoppende worship-Liederflut über die Anbetung Jesus' als unseren König auch überhaupt nicht. Sie unterscheiden zwischen dem König und seinem irdisches Reich Israel (wo wir definitiv nicht zugehören) und unserem Verhältnis zum Herrn Jesus der uns Brüder nennt und seinen Vater unseren Vater.
Mir liegen die Lieder auch nicht und ich musste jüngst 2 davon singen auf einer freikirchlichen Hochzeit. Da frag ich mich, warum solche Schätze der Schrifterkenntnis die Brüder vor uns unter der Leitung des HG der Bibel förmlich abgerungen haben, mir nichts dir nichts über Bord geworfen werden...
Felix
 
Beiträge: 21
Registriert: Di 12. Jul 2016, 09:12

Re: Darbys Verfallslehre und das Ältestenamt

Beitragvon Christian O. am Di 19. Jul 2016, 14:42

Hy Felix,

ich darf also feststellen, dass es in der ´V.´ von heute in vielen Bereichen durchaus - ich weiss, falsches Wort - pluralistisch zugeht :lol:.

* Kindertaufe wird akzeptiert, zu "meinen Zeiten" wurde mein Schwager wegen der Verweigerung der Erwachsenentaufe nicht zum Abendmahl zugelassen.
* In Sachen Haarlänge / Kleidung bei Frauen wird nicht ´hineinreguliert´, in den ´V.´ meiner Nachbarschaft werden zu kurze Haare und Hosen mit Nichtzulassung sanktioniert.
* Heute braucht man nur noch einen "Mindestdispensationalismus", zu "meinen Zeiten" wurden Leute öffentlich als Irrlehrer bezeichnet, die nicht die 7 (+1) Heilszeiten lehrten. Ich erinnere noch eine Konferenz in Zürich, wo WJO einen Gedanken zu einem Randgebiet des Diss. brachte, den die deutschen Brüder nicht kannten. Es wurde von einem Bruder dann der Satz "wir Deutschen haben immer so gedacht, und wollen das auch weiterhin tun" gesagt. O Tempora o mores!
* Früher war Darby und "die Väter" Autorität, heute ist auch das anders geworden.

Und auch die die letzten 20 Jahre prägenden Konflikte mit Ausschluss ganzer ´V.´ scheinen rückstandsfrei bewältigt. Nun denn ...

Was den Feigenbaum angeht finde ich in der prophetischen Sprache des AT nur Hos.9,10 was diese Deutung nahelegen würde, ansonsten gibt es keinen Anlass an zu nehmen, dass das AT den Feigenbaum als Symbol für Israel sehen würde. Weinstock und Weinberg sind dagegen ziemlich deutliche Symbole für Israel (Bsp. Jes.5,7). Schwierig wird es mit den Symbolen dann spätestens in Lukas 13, wo der Feigenbaum im Weinberg gepflanzt ist. Interessant ist ebenfalls, die Parallele von Mk 13,28 in Luke 21,29ff, weil wir es dort mit dem "Feigenbaum und allen Bäumen" zu tun haben. Also so eindeutig den Feigenbaum auf Israel zu beziehen, und dass Sprossen auf die Staatsgründung ist schon etwas schwierig.

Und was Deinen Nachsatz angeht: ich oute mich, denn ich habe die Lehre der ´V.´ über das Königreich nach langem Nachsinnen verworfen. Aber auch die Vorentrückungslehre oder die sog. "prophetic gap" - Theorie sehe ich für mich nicht mehr als richtig an, ebenso wie den Cessationismus. Es gibt zum Thema "Königreich" viele gute Publikationen, und der Interessierte findet in dem Buch "Siegreiche Eschatolgie" von Eberle / Trench einige gute Ansätze zum eigenständigen Weiterdenken, v.a. eine fundierte Auseinandersetzung mit gewissen Grundlehren des Dispensationalismus.

Blessings
Christian O.
 
Beiträge: 107
Registriert: So 11. Mär 2012, 21:20

Re: Darbys Verfallslehre und das Ältestenamt

Beitragvon Rüdiger am Di 19. Jul 2016, 17:20

Christian O. hat geschrieben:Oder ist das "Beiseitesetzen" ganzer ´V.´ mit Abbruch der Abendmahlgemeinschaft etwa kein Ausschluss?

Natürlich nicht! Sonst wäre ja auch kein privater Kontakt mit den "Beiseitegesetzten" mehr möglich. Die Abendmahlsgemeinschaft wurde abgebrochen, weil die betreffenden Versammlungen nicht mehr auf der früheren schriftgemäßen Grundlage zusammenkommen. Sie stehen also jetzt in gewisser Weise da, wo andere freikirchliche Gruppierungen schon immer standen — auch die sind ja nicht "ausgeschlossen" (und werden auch nicht so behandelt).

Rüdiger
So spricht der HERR: Tretet auf die Wege, und sehet und fraget nach den Pfaden der Vorzeit, welches der Weg des Guten sei, und wandelt darauf; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Aber sie sprechen: Wir wollen nicht darauf wandeln. (Jeremia 6,16)
Rüdiger
 
Beiträge: 23
Registriert: Mi 22. Apr 2009, 17:35

Re: Darbys Verfallslehre und das Ältestenamt

Beitragvon Christian O. am Mi 20. Jul 2016, 12:12

Hallo Rüdiger,

ich bin wahrscheinlich zu lange "Freikirchler" um das so richtig zu verstehen :).

1.Kor.10,16 sagt uns "Der Kelch des Segens, den wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes des Christus? Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes des Christus?" Wenn ich nun mit jemandem Brot und Kelch nicht teilen will / kann / darf, stelle ich ihn damit de facto nicht ausserhalb der Leib- bzw. Blutgemeinschaft der Christen? Und geht das nicht genau in die Richtung, was Paulus in 1.Kor.5 umschreibt mit dem Terminus "dem Satan überliefern"?

Und noch etwas: die Bibel kennt das persönliche sich weg wenden von jemandem, der in einer bestimmten Weise lebt (Bsp. Rö.16,17; 2.Tim.3,5). Die Mahlgemeinschaft bleibt dabei ungebrochen, und der Entzug derselben würde eine Eskalation im Sinne von Mt.18 / 1 Kor. 5 darstellen. So habe ich es noch in den ´V.´gelernt: persönlich, mit 2 oder drei, dann vielleicht als Zwischenschritte das öffentliche Ermahnen, vielleicht die Bezeichnung, und als letzte Konsequenz das "Hinaustun" durch Auflösen der Abendmahlsgemeinschaft, das Entfernen aus dem Segensschutz der Gemeinde Jesus Christi. Wie begründest Du es, dass Du die Reihenfolge umkehrst? Du hältst den persönlichen Kontakt, keine Ahnung wie weit das dann geht (Urlaub, Feiern ...), willst aber das was uns Christen verbinden sollte nicht feiern? Wie gehst Du damit um, dass diese Geschwister zwar so "böse" sind, dass man mit ihnen kein Abendmahl feiert, aber doch nicht so böse, dass man den Kontakt abbricht? 1.Thess.5,22 sagt "Von aller Art des Bösen haltet euch fern!", aus welchem Grund hältst Du Dich nicht daran?

Und zum Schluss: mein Erleben - und andere die bei den ´Kirchheimer Treffen der Hinausgetanen´ dabei waren können das sicher bestätigen - war, dass man uns den Handschlag verweigerte, die Strassenseite wechselte, jeden Kontakt abbrach und ziemlich bösartig über uns redete. Aber das ist sicher wieder ein Einzelfall, und wie man heute so schön sagt "nix hat mit nix nix zu tun".

Blessings
Christian O.
 
Beiträge: 107
Registriert: So 11. Mär 2012, 21:20

Re: Darbys Verfallslehre und das Ältestenamt

Beitragvon Rüdiger am Mi 20. Jul 2016, 23:07

Lieber Christian,

die schriftgemäßen Kriterien für die Teilnahme am Tisch des Herrn sind ja bekannt:

1. wiedergeboren
2. rein in der Lehre
3. rein im Wandel
4. rein in den Verbindungen

Als knappe Zusammenfassung (mit Bibelstellenangaben) empfehle ich diesen Artikel von Bruder Heijkoop.

In den von Dir genannten Fällen ist offensichtlich Punkt 4 nicht erfüllt. Die Versammlungen/Gemeinden, von denen wir uns trennen mußten oder mit denen wir noch nie in Gemeinschaft waren, stehen bestimmten Formen des Bösen neutral gegenüber oder befürworten es sogar. Deshalb sind Gläubige von dort, auch wenn sie das Böse persönlich ablehnen (was aber längst nicht immer der Fall ist), nicht rein in ihren Verbindungen, und wenn wir sie zum Brotbrechen zulassen, machen wir uns damit eins.

Rüdiger
So spricht der HERR: Tretet auf die Wege, und sehet und fraget nach den Pfaden der Vorzeit, welches der Weg des Guten sei, und wandelt darauf; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Aber sie sprechen: Wir wollen nicht darauf wandeln. (Jeremia 6,16)
Rüdiger
 
Beiträge: 23
Registriert: Mi 22. Apr 2009, 17:35

Re: Darbys Verfallslehre und das Ältestenamt

Beitragvon kleiner am Do 21. Jul 2016, 06:52

Lieber Rüdiger,

Rüdiger hat geschrieben:Die Versammlungen/Gemeinden, von denen wir uns trennen mußten oder mit denen wir noch nie in Gemeinschaft waren, stehen bestimmten Formen des Bösen neutral gegenüber oder befürworten es sogar.

Das mag in einigen Fällen so gewesen sein aber bestimmt war das nicht immer der Fall.
kleiner
 
Beiträge: 194
Registriert: Fr 14. Dez 2012, 12:59

Re: Darbys Verfallslehre und das Ältestenamt

Beitragvon Christian O. am Do 21. Jul 2016, 07:45

Lieber Rüdiger,

ich kenne die Lehre, habe sie mit der Muttermilch gelernt. Es gibt dazu eine Fülle von Material, z.B den "Lake Geneva Report".

Hast Du vor, meine Fragen von oben zu beantworten? Wenn nein, dann brauchen wir hier nämlich nicht weiter zu diskutieren.

Blessings
Christian O.
 
Beiträge: 107
Registriert: So 11. Mär 2012, 21:20

Re: Darbys Verfallslehre und das Ältestenamt

Beitragvon schneid9 am So 24. Jul 2016, 18:53

Hallo Christian O.,

durch Diskussionen wie diese wird mir immer wieder deutlich, dass die "AV" eben doch kein so monolithischer Block war/ist, wie ich früher immer dachte und wie viele auch heute noch denken. Ich bin ja selbst bis 2004 in der "AV" gewesen und habe es damals als völlig selbstverständlich angesehen, dass sich meine Erfahrungen in der Versammlung T. (oder im Dillkreis allgemein) ohne weiteres für die gesamte "AV" verallgemeinern ließen. Schließlich hatten Außenstehende (z.B. aus den Reihen der FeG) schon seit jeher eine "stereotype Einerleiheit in den von Darby bestimmten Gruppen" (Gustav Nagel) festgestellt:

Friedrich Kaiser z.B. hat geschrieben:Und die starre Formlosigkeit hat die Versammlung in ein religiöses System hineingebracht, wie man es bei keiner andern christlichen Gemeinschaft findet. Ueberall, im In- und Auslande, findet man in ihr eine Einerleiheit im Beten, Reden und Gesang, in der Schriftauslegung, der Textbehandlung, der Redeweise, im Gebrauch der Lieder, der Bibelübersetzungen usw., wie sonst nirgends. Ueber den kirchlichen Verfall, das Versammeln im Namen des Herrn, die Aemter, das Brotbrechen usw. herrscht ziemlich eine Meinung. Alles geht nach einem Schema und ist systematisch geordnet.

Heute ist mir klar, dass die lokalen und regionalen Unterschiede doch wesentlich größer waren/sind als angenommen. In deiner "Wegbeschreibung" hast du z.B. einige Dinge erwähnt bzw. als normal hingestellt, von denen ich in meinen 33 "AV"-Jahren nie etwas gehört habe (wenn ich Zeit finde, kommentiere ich auch in diesem Thread nochmal).

Zu den oben von dir genannten Punkten möchte ich Folgendes anmerken:

Christian O. hat geschrieben:* Kindertaufe wird akzeptiert, zu "meinen Zeiten" wurde mein Schwager wegen der Verweigerung der Erwachsenentaufe nicht zum Abendmahl zugelassen.

Das scheint mir kein zeitlicher ("zu meinen Zeiten" vs. "heute"), sondern eher ein lokaler Unterschied zu sein. Ich kenne z.B. eine Schwester, die Anfang der 90er Jahre in der "AV" Frankfurt nicht zugelassen wurde, weil sie sich nicht "wiedertaufen" lassen wollte. Daraufhin kam sie in die "AV" Gießen, wo die Zulassung kein Problem war. Auch in meiner alten Heimatversammlung T. (Dillkreis) wurde meines Wissens früher keine "Wiedertaufe" verlangt (wie es heute ist, weiß ich nicht).

Christian O. hat geschrieben:* In Sachen Haarlänge / Kleidung bei Frauen wird nicht ´hineinreguliert´, in den ´V.´ meiner Nachbarschaft werden zu kurze Haare und Hosen mit Nichtzulassung sanktioniert.

Nach dem, was ich gehört habe und hier und da sehe, sind Hosen (zumindest außerhalb der Zusammenkünfte) bei den meisten jungen "AV"-Schwestern inzwischen normal. Wenn das tatsächlich mit Nichtzulassung sanktioniert würde, müsste sich die "AV" wohl größte Sorgen um ihren weiblichen Nachwuchs machen ...

Christian O. hat geschrieben:* Heute braucht man nur noch einen "Mindestdispensationalismus", zu "meinen Zeiten" wurden Leute öffentlich als Irrlehrer bezeichnet, die nicht die 7 (+1) Heilszeiten lehrten.

Das wundert mich nun außerordentlich! Ich kann mich nicht erinnern, in meinen 33 "AV"-Jahren jemals etwas von sieben Heilszeiten gehört zu haben. Dass es "Haushaltungen" gab, ist klar, aber von Interesse war doch eigentlich immer nur die Unterscheidung zwischen Israel und der Versammlung; wie genau die Heilszeiteneinteilung vor Israel aussah, wurde in den Stunden und Konferenzen, die ich besucht habe, nie thematisiert (auch Darby hat sich da ja längst nicht so starr festgelegt wie später Scofield & Co.). In einigen neueren Veröffentlichungen der "AV" kommen die sieben Haushaltungen zwar vor (z.B. in Christian Briems Da bin ich in ihrer Mitte oder in einer Artikelserie von Arend Remmers in Ermunterung und Ermahnung 2010), aber im Versammlungsleben spielte diese Lehre "zu meiner Zeit" keine Rolle.

Christian O. hat geschrieben:* Früher war Darby und "die Väter" Autorität, heute ist auch das anders geworden.

Das scheint mir prinzipiell schon noch zu gelten, aber bei Darby gab es ja schon immer einzelne Lehren, über die man sich ohne weiteres hinweggesetzt hat (in erster Linie natürlich die Tauflehre, aber auch z.B. seine radikale Ablehnung des freien Willens — im Alltag der "AV" wurde die Bekehrung doch eigentlich immer als reine Willenssache dargestellt und verstanden [oder verallgemeinere ich da auch wieder?]).

Mit deinen Gedanken zur Abendmahlsgemeinschaft (Fragen an Rüdiger) bin ich übrigens sehr einverstanden ... :)
Michael Schneider
schneid9
 
Beiträge: 312
Registriert: Do 3. Jul 2008, 16:10
Wohnort: Gießen

Re: Darbys Verfallslehre und das Ältestenamt

Beitragvon Christian O. am Mo 25. Jul 2016, 13:19

Hallo Michael,

ich gebe Dir darin recht, dass die AV doch recht heterogen ist, ich habe das in einem meiner Kommentare auch schon gesagt. Man fühlt sich ein wenig so, als wollte man einen "Pudding an die Wand nageln" :-). Und es steht so ganz im Gegensatz zu der postulierten Einheitlichkeit bei "Versammlungsbeschlüssen".

Vielleicht hängt es sogar mit den jeweiligen regionalen Führerschaften zusammen. Da wo ich meine Jugend verbracht habe kannte man sich untereinander, und das "Führungspersonal" der AVen war teils verwandtschaftlich teils wirtschaftlich eng verflochten.

schneid9 hat geschrieben:Wenn das tatsächlich mit Nichtzulassung sanktioniert würde, müsste sich die "AV" wohl größte Sorgen um ihren weiblichen Nachwuchs machen ...

Das ist wohl so. In einer AV in meiner Nachbarschaft führt dies dazu, dass Geschwister die quasi Tür an Tür wohnen, Sonntags in unterschiedliche AVen gehen u.a. wegen ihrer Kinder, die sonst nicht mehr mitgegangen wären. Insofern ein ähnliches Procedere wie Du es in Sachen Taufe angeführt hast.

In Sachen "Heilszeiten" kann ich mich daran erinnern, dass alleine schon Zweifel an der Auslegung der Sendschreiben als prophetische Abfolge des "Gemeindezeitalters" recht heftige Reaktionen hervorgerufen haben. Aus meiner Familienhistorie weiss ich, dass man als am Dispensationalismus zweifelnder recht schlechte Karten in einer - ich schreibe bewusst nicht mehr ´der ´ - AV hatte. Aus meiner Zeit in "Jungbrüderstunden" (Jugendstunden waren nicht erlaubt) kenne ich ebenfalls die Lehre der 7 Heilszeiten als "so ist das und so bleibt das" - Aussage die keinen Widerspruch duldete, aber auch das mag eine regionale Besonderheit gewesen sein.

Blessings
Christian O.
 
Beiträge: 107
Registriert: So 11. Mär 2012, 21:20

Re: Darbys Verfallslehre und das Ältestenamt

Beitragvon Christian O. am Sa 20. Aug 2016, 15:03

Tag zusammen,

vielleicht noch einmal zurück zum Eingangsthema "Verfallslehre".

Ich zitiere aus einem bei soundwords veröffentlichten Artikel (http://www.soundwords.de/haltet-fest-bis-ich-komme-a10009.html) wie folgt: "Es ist der Unterschied zwischen den früheren und späteren Tagen der Kirchengeschichte und es ist das Prinzip des passiven Ausharrens in der Kirche, zu dem der Herr aufruft, wenn Er in Thyatira in unmittelbarem Zusammenhang mit seinem Kommen sagt: „Haltet fest, bis ich komme.“ Es heißt nicht länger: „Geht hin in die ganze Welt und predigt der ganzen Schöpfung das Evangelium“, und: „Ihr werdet meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde.“ Der Zeitabschnitt für die Ausbreitung seines Königreiches in der Welt in seiner derzeitigen Form war vorbei, und sogar die Zeit für die Ermahnung: „… damit du weißt, wie man sich verhalten soll im Haus Gottes, das die Versammlung des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit“ (1Tim 3,15), war vorübergegangen."

Heisst das auf deutsch nicht, dass (1) der Missionsbefehl nicht mehr gilt, (2) die Zusage der Kraft des Heiligen Geistes nicht mehr gilt und sogar (3) die Gemeinde als Grundpfeiler der Wahrheit beiseite gesetzt ist? Was für ein .... :roll:

Blessings
Christian O.
 
Beiträge: 107
Registriert: So 11. Mär 2012, 21:20

VorherigeNächste

Zurück zu Theologie

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 17 Gäste

cron