Christian O. hat geschrieben:Die Problematik ist m.E. die, dass es keine "offizielle Lehre" der ´V.´gibt, also keine Dogmatik oder ähnliches. Es findet sich immer eine Gegenposition in Lehre und Praxis der ´V.´, die die jeweils andere Seite - also Du oder ich - als typisch empfinden können. Du sagst z.B., dass das Buch von CB über das Frauenbild und die Rolle der Frau nicht (mehr) die Position der ´V.´darstellt, obwohl MS´s Artikel in die gleiche Richtung geht.
Position ist es noch, denke ich (und bei Haarlänge ja sowieso), denn die Mehrheit verhält sich ja so. Die "Lehre der Brüder" ist nicht derart offiziell, dass sie in den persönlichen, ehelichen oder familären Bereich des/der Gläubigen hineinreguliert. In meinem Dunstkreis werden die Termini nicht (mehr) bei Namen genannt. Ich bin nicht in Jugendstunden-Arbeit involviert und habe(n) keine Kinder, hatte aber schon'mal vor meinen Kenntnisstand zu dieser Frage (latent) upzudaten, also ob das überhaupt noch irgendwie Thema ist. Ggf. schreibe ich dazu noch im "Wurst" Thread
Du sagst z.B., dass die Taufpraxis der ´V.´ (Glaubens- bzw. Bekenntnistaufe) die biblisch richtige ist, Darby hätte das durchaus was Kindertaufe angeht anders gesehen.
Ich kenne die Termini "infant" und "household-baptism" aus der englischen Literatur. Es hat ja in den ersten christlichen Gemeinde durchaus sog. Familientaufen gegeben: Lydia (Apg16), Stephanas (1Kor1), Cornelius? (Apg10+11). Nun, wir sind ja keine Darbysten, die Darby wörtlich zu Füßen liegen. Wir praktizieren Kindes-/Familientaufe nicht, stellen sie aber mehr oder weniger nicht in Abrede, d.h. taufen als Kind getaufte und später zum Glauben gekommene Personen nicht ohne persönlichen Wunsch nocheinmal.
Und welche Spielart des Dispensationalismus ist Lehre der ´V.´? Der von Darby, von Scofield, von Ryrie oder neuerdings von den Soundwords - Autoren?
Die Haushaltungen sind bei den Brüdern IMHO auch nicht lehrmäßig festgenagelt. Die 7 (+ewiger Zustand) Scofield'schen sind ganz sinnfällig und wohl auch in der V. geläufig. Zum Bibelverständnis sind die 7 aber imho auch nicht grundsätzlich erforderlich; allerdings ist ein "Mindestdispensationalismus" erforderlich ansonsten kommt man bei der Bibelauslegung in die Bredouille... Mit "mindest" meine ich Gesetz/Gnade, Israel/Nationen, Friedensreich/Himmel usw.
"Neuerdings von Soundwords"? Meinst Du deren Buch "Der vergessene Reichtum"? Tolles Werk! Kann ich Dir empfehlen und ich persönlich habe da lange schon drauf gewartet auf so eine Art "Comprehensive Bible Study Tool".
Ausserdem scheint es - mittlerweile - eine ausgesprochen heterogene Landschaft der geschlossenen Brüderbewegung zu geben, denn Du schilderst viele Dinge doch substantiell anders, als ich sie durch verwandtschaftliche und auch freundschaftliche Verflechtungen zu mehreren ´V.´ meines engeren Umfelds mitbekomme.
Substanziell anders? Bis auf die üblichen "großen" Lehrfragen gibt sehr wohl Unterschiede ....in der örtlichen Verwaltung. Wenn, dann musst Du's konkretisieren.
Sag an, woher weist Du das mit dem ´Bild von Israel´? Beim Ölbaum wäre ich ja bei Dir (Rö. 11,17ff), aber das mit dem Feigenbaum wäre doch zu belegen.
In den Evanglien spielt der Herr Jesus mittels Feigenbaum auf Israel und seinen Zustand an. Vor dem "Weichwerden" (Mt 21,19ff) prangert der Herr den Zustand des Feigenbaumes an: Er hatte Hunger und suchte Frucht aber am Feigenbaum waren nur Blätter (Äußerlichkeiten) aber keine Frucht (für ihn) dahinter. Das ist durchaus ein Bild vom ungläubigen Israel, was alsdann im Völkermeer verdarb...Weinberg ist ja auch schonmal Bild von Israel...
Zurück zu Lindsey: Die Grüdung des Staates Israel kann durchaus ein "Weichwerden der Zweige" der Zweige sein oder so genannt werden. Die Gründung des Staates kann auch durchaus für ein nahendes Ende der "Zeit der Zerstreuung" sein, keine Frage. Heißt wörtlich aber auch nur, dass "der Sommer nahe ist" und ist kein Anfang einer Rechenkonstruktion. Zumal in Mt24+25 (gemäß der Art des Evangeliums) imho durchweg nur Israel als irdisches(!) Reich angesprochen ist. Eine Entrückung in den Himmel und eine himmlische Beziehung im Glauben (wie am Ende von Johannes Ev) ist im letzten Part von Matthäus überhaupt nicht Thema. Die Frauen huldigen ihn als König* und fassen ihn an(!) und das Ev endet (ohne Himmelfahrt!) mit den Worten "ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters".
Freundlichst. Felix
*) Deshalb (und vielleicht auch bezüglich Thema Verfall!!!) liegt der Lehre und dem Empfinden der Brüder die fast nicht zu stoppende worship-Liederflut über die Anbetung Jesus' als unseren König auch überhaupt nicht. Sie unterscheiden zwischen dem König und seinem irdisches Reich Israel (wo wir definitiv nicht zugehören) und unserem Verhältnis zum Herrn Jesus der uns Brüder nennt und seinen Vater unseren Vater.
Mir liegen die Lieder auch nicht und ich musste jüngst 2 davon singen auf einer freikirchlichen Hochzeit. Da frag ich mich, warum solche Schätze der Schrifterkenntnis die Brüder vor uns unter der Leitung des HG der Bibel förmlich abgerungen haben, mir nichts dir nichts über Bord geworfen werden...