Akademischer Dispensationalismus/Hyper-DP

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Akademischer Dispensationalismus/Hyper-DP

Beitragvon Anke am Sa 28. Dez 2013, 15:29

Lieber Michael, liebe Brüder
In einem anderen Thread => viewtopic.php?f=4&t=280&st=0&sk=t&sd=a

hast Du geschrieben:
Als Zentrum des Dispensationalismus sehe ich übrigens nicht Darbys Verfallslehre (die im akademischen Dispensationalismus kaum noch vertreten wird)

Der Begriff "akademischer Dispensationalismus" ist mir neu:
- was meint das genau? und:
- gibt es noch Versammlungen, die den Hyper-Dispensationalismus à la Bullinger lehren/daran glauben?

Danke für alle Antworten und Herzliche Grüsse, Anita
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Re: akademischer Dispensationalismus/Hyper-DP

Beitragvon Jonas am Sa 28. Dez 2013, 16:18

Hier wird versucht den "Hyper-DP"
zu erklären!

https://www.bible.com/de/notes/1507920

Zitat am Ende des Artikels:
"Hyper-Dispensationalismus ist nun ein Lehrsystem, das noch viel weiter geht und Scheidungen vornimmt, wo keine vorliegen. So wird beispelsweise eben gesagt, die Bergpredigt gelte nicht der Gemeinde, auch der Missionsbefehl von Matthäus 28.18-20 nicht. Man unterscheidet dann zwischen Pfingsten (Apg 2) und der Bekehrung des Cornelius (Apg 10) und sagt, dass erst mit letzterem Ereignis die Gemeinde geboren worden sei. Nur die Paulusbriefe sollen dann der Gemeinde gelten, Jakobus, Petrus etc. seien für das sich zu bekehrende Israel usw. All diese Dinge sind unbiblisch. Sie fördern den Glauben nicht, sondern können höchstens ein Gemüt befriedigen, das an Spekulationen seine Freude hat. Man vergleiche dazu die Warnung des Apostels Paulus in 1. Timotheus 1.3+4. Es sind dies Dinge, welche mehr Streitfragen hervorbringen als die Verwaltung Gottes zu fördern, die im Glauben ist."

Liebe Grüße
NS. Ggf. gibt es bessere Erklärungen!?
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Re: akademischer Dispensationalismus/Hyper-DP

Beitragvon Anke am Sa 28. Dez 2013, 16:53

@ Jonas : Danke!
1. Was der Hyper-Dispensationalismus ist wusste ich bereits: mich hätte interessiert ob es Versammlungen gibt wo das noch gelehrt wird?
2. Was mir nicht klar ist was "akademische" Dispensationalismus meint ?
Herzlichen Dank, Anita
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Re: akademischer Dispensationalismus/Hyper-DP

Beitragvon Jonas am Sa 28. Dez 2013, 20:26

Ggf. findet man in der Rezension zum nachfolgendem Buch eine mögliche Erklärung!?

Plädoyer für eine heilsgeschichtliche Schriftauslegung
29. Oktober 2010
Von
Roman Nies (Helibrunna)

Rezension bezieht sich auf:
Heilsgeschichte verstehen: Warum man heilsgeschichtlich denken sollte, wenn man die Bibel nicht missverstehen will

Zitat daraus:

(letzter Absatz)
"Dieses Buch bietet einen gelungenen Einblick über die Thematik und Problematik die Bibel in ihrer Gesamtheit als Offenbarungswerk Gottes zu verstehen. Allerdings setzt es schon gewisse theologische Kenntnisse voraus. Bisweilen ist es sprachlich mehr akademisch als dem 'Volk aufs Maul' geschaut."

Liebe Grüße
und einen gesegneten "1. Tag der Woche" (Sonntag)
Jonas
 
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Re: akademischer Dispensationalismus/Hyper-DP

Beitragvon schneid9 am Sa 28. Dez 2013, 22:05

Liebe Anita,

Anke hat geschrieben:Der Begriff "akademischer Dispensationalismus" ist mir neu:
- was meint das genau?

Ich dachte da vor allem an amerikanische Theologen, die den Dispensationalismus auf Hochschulniveau lehren oder gelehrt haben, z.B. Charles Ryrie. Im deutschsprachigen Raum gibt es das ja leider kaum; Dr. Berthold Schwarz von der FTH wäre eines der wenigen Beispiele (insofern war der Hinweis von Jonas ganz passend).

Anke hat geschrieben:- gibt es noch Versammlungen, die den Hyper-Dispensationalismus à la Bullinger lehren/daran glauben?

Gab es solche Versammlungen denn überhaupt jemals? Oder meinst du außerhalb der Brüderbewegung?
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Re: akademischer Dispensationalismus/Hyper-DP

Beitragvon Anke am Sa 28. Dez 2013, 23:24

Lieber Michael
Danke für Deine Antworten.

Jetzt verstehe ich besser was Du mit "akademisch" meinst. Dann hat der akademische DP aber doch Viele mitgeprägt, wenn man bedenkt in wievielen Bücherregalen Ryries Studienbibel und "die Bibel verstehen" stehen. Sowie ja auch von anderen Theologen die mitunter populärwissenschaftliche Bücher veröffentlicht haben.
Es überrascht mich dass B. Schwarz einer der wenigen im deutschsprachigen Gebiet ist.
An was liegt das? U.a. auch weil die meisten jungen Brüder aus den Versammlungen nicht Theologie studieren, allenfalls eine Bibelschule absolvieren?
schneid9 hat geschrieben:Gab es solche Versammlungen denn überhaupt jemals? Oder meinst du außerhalb der Brüderbewegung?

Ich hatte wieder mal einen Verdreher: meinte eigentlich Ultra-Dispensationalismus und nicht Hyper.
Zu Deiner Frage: ich dachte eigentlich schon innerhalb der Brüderbewegung.(?) Wenn es vielleicht auch nicht ganze Versammlungen gab oder gibt, dann evtl. doch einzelne Brüder?
Gibt es diesbezüglich nicht zumindest teilweise Übereinstimmung, z.B. dass die Lehrbriefe selbst nochmals eingeteilt und eingeschränkt werden in die "für uns relevanten" Briefe (z.B. Paulus Gefangenenbriefe etc. und erweiterte Auffassung über die "Übergangszeit")?

Wenn ich Dich recht verstanden habe, ist Dir davon nichts bekannt. Mir auch nicht (wobei meine Kenntnisse gering sind in Bezug auf die Gemeindelandschaften). Mir ist nur ein Gespräch mit einem Theologiestudenten erinnerlich (vor ca. 4 Jahren), der Bullinger darin folgte, dass mit 2. Mat 16,28 nicht die Verklärung gemeint sein kann etc.

Nochmals herzlichen Dank und Grüsse, Anita
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Re: akademischer Dispensationalismus/Hyper-DP

Beitragvon schneid9 am So 29. Dez 2013, 01:23

Anke hat geschrieben:Dann hat der akademische DP aber doch Viele mitgeprägt, wenn man bedenkt in wievielen Bücherregalen Ryries Studienbibel und "die Bibel verstehen" stehen. Sowie ja auch von anderen Theologen die mitunter populärwissenschaftliche Bücher veröffentlicht haben.

Das stimmt. So richtig "akademisch" in unserem Sinne sind natürlich alle diese Bücher nicht, auch nicht Ryries Dispensationalism [Today] (1965, 1995), aber das hängt wahrscheinlich mit der amerikanischen Mentalität zusammen, die zwischen "wissenschaftlich" und "populärwissenschaftlich" nicht so stark trennt wie wir. Ein klassisch-dispensationalistischer Theologe, der originäre Forschungsarbeit zu leisten scheint, ist Christopher Cone vom Tyndale Theological Seminary; seine Prolegomena on Biblical Hermeneutics and Method möchte ich mir unbedingt noch zulegen ...

Anke hat geschrieben:Es überrascht mich dass B. Schwarz einer der wenigen im deutschsprachigen Gebiet ist. An was liegt das? U.a. auch weil die meisten jungen Brüder aus den Versammlungen nicht Theologie studieren, allenfalls eine Bibelschule absolvieren?

Naja, zunächst einmal fristet bibeltreue bzw. evangelikale Theologie hierzulande sowieso nur ein Schattendasein und wird vom liberalen theologischen Mainstream nicht ernst genommen (Letzteres ist in den USA vielleicht auch so, aber allein schon durch ihre Anzahl spielen die Evangelikalen dort ja eine wesentlich größere Rolle). Hinzu kommt aber noch, dass hierzulande selbst innerhalb des bibeltreuen bzw. evangelikalen Lagers der Dispensationalismus keinen besonders guten Ruf hat, wahrscheinlich nicht zuletzt wegen seines unakademischen Ursprungs in der "sektiererischen" Brüderbewegung (oder auch wegen seiner peinlichen Auswüchse à la Hal Lindsey, Wim Malgo oder Left Behind). Das ist in den USA anders, weil sich der Dispensationalismus dort völlig von seiner "darbystischen" Herkunft gelöst hat und in praktisch allen Denominationen vorkommt (die frühen amerikanischen Dispensationalisten wie Brookes, Scofield und Chafer waren fast alle Presbyterianer, heute sind viele Baptisten).

Anke hat geschrieben:Ich hatte wieder mal einen Verdreher: meinte eigentlich Ultra-Dispensationalismus und nicht Hyper.

Ist das nicht dasselbe?

Anke hat geschrieben:Zu Deiner Frage: ich dachte eigentlich schon innerhalb der Brüderbewegung.(?) Wenn es vielleicht auch nicht ganze Versammlungen gab oder gibt, dann evtl. doch einzelne Brüder? Gibt es diesbezüglich nicht zumindest teilweise Übereinstimmung, z.B. dass die Lehrbriefe selbst nochmals eingeteilt und eingeschränkt werden in die "für uns relevanten" Briefe (z.B. Paulus Gefangenenbriefe etc. und erweiterte Auffassung über die "Übergangszeit")?

Davon ist mir nichts bekannt, aber ich weiß natürlich auch nicht alles ... ;) Bullingerianer dürfte es hierzulande jedenfalls nur wenige geben, schon allein weil von Bullingers Schriften fast nichts auf Deutsch verfügbar ist (ein paar Bücher gab es Anfang des 20. Jahrhunderts in obskuren Kleinverlagen). Und in der Brüderbewegung hat man traditionell sowieso nur Brüderliteratur gelesen ...

Anke hat geschrieben:Mir ist nur ein Gespräch mit einem Theologiestudenten erinnerlich (vor ca. 4 Jahren), der Bullinger darin folgte, dass mit 2. Mat 16,28 nicht die Verklärung gemeint sein kann etc.

2. Mat? Ist das das apokryphe 2. Matthäus-Evangelium? ;)
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Re: Akademischer Dispensationalismus/Hyper-DP

Beitragvon Anke am Mo 30. Dez 2013, 12:38

Lieber Michael
Herzlichen Dank für Deine Antworten, zusammenfassend erklärt sich mir nun Einiges besser in Bezug auf gewisse Strömungen und Auswirkungen. Die Mentalität auf der anderen Seite des Grossen Teiches hat bestimmt auch einen erheblichen Einfluss. Die Schwelle akademisch - nicht-akademisch ist dort tatsächlich nicht so hoch wie hier in Europa. Ich hatte bloss den Eindruck, dass zusätzlich durch die immer mehr um sich greifende Neue Toleranz auch weniger eine klare Position vertreten wird. Oder man lässt unterschiedliche Positionen einfach so nebeneinander stehen ohne dass es weh tut und nennt das "Weitsicht". Da ist mir eine deutsche "Engstirnigkeit" doch noch lieber :-)
schneid9 hat geschrieben:zunächst einmal fristet bibeltreue bzw. evangelikale Theologie hierzulande sowieso nur ein Schattendasein und wird vom liberalen theologischen Mainstream nicht ernst genommen... ... Hinzu kommt aber noch, dass hierzulande selbst innerhalb des bibeltreuen bzw. evangelikalen Lagers der Dispensationalismus keinen besonders guten Ruf hat

Wenn dieser theologische Mainstream uns verspottet mit Fragen wie: "Sie glauben doch wohl nicht im Ernst noch an die Inspiration der Bibel?" dann hat man auch keinen Ansatz/Motivation mehr "ernstgenommen" zu werden.
Wer Gottes Ratschlüsse und Wege und Bündnisse nicht unterscheidet und nicht in Heilszeiten/Dispensationen einteilt schlägt natürlich gerne dem anderen den Kopf ein :cry: , weil er Dinge auf sich bezieht die gar nicht an ihn gerichtet sind.
Was die "peinlichen Auswüchse" betrifft: die gab und gibt es überall. Die Prophetiebüchlein der von Dir benannten Autoren sind doch nicht repräsentativ für den Dispensationalismus? Da gibt es anderswo schlimmere Auswüchse.
Der Mensch hat und hatte schon immer das Verlangen etwas über den Himmel und die Zukunft zu wissen. Soll er die Offenbarung und die Propheten etc. lesen :-) Darüber kannst Du Dich mit Fernen (Aussenstehende, falsche Bekenner, sogar Atheisten) stundenlang unterhalten: aber wehe es geht um das Evangelium und die ewige Konsequenz: da fehlt plötzlich die Zeit ;)
schneid9 hat geschrieben:Anke hat geschrieben:
Ich hatte wieder mal einen Verdreher: meinte eigentlich Ultra-Dispensationalismus und nicht Hyper.
Ist das nicht dasselbe?

Hyper ist schon vom Calvinismus besetzt (bloss dass es nicht zu Verwechslungen kommt).
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Re: Akademischer Dispensationalismus/Hyper-DP

Beitragvon Anke am Mo 30. Dez 2013, 12:44

schneid9 hat geschrieben:2. Mat? Ist das das apokryphe 2. Matthäus-Evangelium?

Nein, das ist dem Umstand geschuldet, dass es mitunter sehr schwierig ist mobil-unterwegs Forenbeiträge korrekt zu verfassen (das 2. ist mir reingerutscht), weswegen ich auch dieses hier neu anhängen musste.
Nur keine Sorge: ich habe nie in den Apokryphen gelesen (wie viele andere Geschwister), und habe es auch in Zukunft nicht vor :-)
Nochmals herzlichen Dank für Deine ausführlichen und pointierten Antworten aufgrund Deines enormen Wissenshintergrundes. Anita
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Re: Akademischer Dispensationalismus/Hyper-DP

Beitragvon schneid9 am Mo 30. Dez 2013, 15:09

Anke hat geschrieben:Wenn dieser theologische Mainstream uns verspottet mit Fragen wie: "Sie glauben doch wohl nicht im Ernst noch an die Inspiration der Bibel?" dann hat man auch keinen Ansatz/Motivation mehr "ernstgenommen" zu werden.

Das sehe ich auch so. Ich halte es sowieso für ziemlich unwichtig, ob man von ungläubigen Theologen ernst genommen wird oder nicht. Die evangelikalen Ausbildungsstätten, die sich jetzt alle staatlich anerkennen lassen, messen dem m.E. viel zu viel Bedeutung bei.

Anke hat geschrieben:Was die "peinlichen Auswüchse" betrifft: die gab und gibt es überall. Die Prophetiebüchlein der von Dir benannten Autoren sind doch nicht repräsentativ für den Dispensationalismus?

Nein, aber von Außenstehenden werden sie leider oft so wahrgenommen. Viele stellen sich ja unter Dispensationalismus nur ein bestimmtes Zukunftsmodell vor (oft polemisch "Endzeitfahrplan" genannt) und wissen gar nicht, dass es sich eigentlich um ein Konzept der biblischen Hermeneutik handelt (der Verlagstext für Ryries Dispensationalism formuliert treffend: "Dispensationalism is a framework for understanding the Bible, teaching that God has dealt with man historically in different administrations or 'dispensations'"). Ernst G. Maier nennt den Dispensationalismus sogar eine "Geschichtsphilosophie".

Anke hat geschrieben:Hyper ist schon vom Calvinismus besetzt (bloss dass es nicht zu Verwechslungen kommt).

Och, ein so allgemeines Präfix kann der Calvinismus eigentlich gar nicht für sich allein beanspruchen ... ;)
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