Lieber "asderrix",
vielen Dank für deine Einschätzung der Sachlage und prima, dass sich mit dir ein weiterer Zeitzeuge aus der ehemaligen DDR zu Wort meldet!
Vielleicht ist ja ein geistlicher, wenn auch kontroverser Austausch möglich, wodurch am Ende für jeden interessierten, aufrichtigen Betrachter deutlich wird, wie sich die Situation damals tatsächlich gestaltet hat. Ich würde das jedenfalls sehr begrüßen.
So schreibst du u.a.:
asderrix hat geschrieben:Das was Bruder Küttler (nicht Dieser Küttler, grausamerer Diskussionsstile @ Ecclesia ) geschrieben wurde [...]
Etwas zur Klarstellung: Siegfried Küttler ist mein Bruder in CHRISTUS. Hoffentlich habe ich nie den Eindruck erweckt, ich hätte Zweifel an Bruder Küttlers Gotteskindschaft.
Außer leider genügend Anlass zu begründeter Kritik an den z.T. einseitigen, verklärenden sowie geschichtsklitternden Darstellungen in seinen Memoiren, habe ich S. Küttler selbstverständlich auch Gutes zu verdanken. So hatte er mir seinerzeit z.B. eine durchschossene Elberfelder Bibel geschenkt (2 Teile; in Fraktur). Und allein wegen des Altersunterschiedes (S. Küttler ist ca. 32 Jahre älter als ich) gebürt ihm mein aufrichtiger Respekt. Dieser Respekt darf allerdings nicht dazu verführen, parteilich zu sein oder Sünde nicht mehr "Sünde" zu nennen.
Übrigens drückte ich damals meine Wertschätzung ihm gegenüber u.a. dadurch aus, dass ich ihn darum gebeten hatte, einen jungen Glaubensbruder unseres - wie ich inzwischen meine - aus einer kleinen geistlichen Erweckung in Schmalkalden hervorgegangenen "Bibelkreises" zu taufen (was er auch getan hat).
asderrix hat geschrieben:[...] und von TJS so vehement angegriffen wird, kann ich als ehemaliger DDR Bürger nur hundertprozentig bestätigen.
An dieser Stelle hätte ich es gern präzise: Was genau kannst du als ehemaliger DDR-Bürger
"nur hundertprozentig bestätigen", das von mir
"so vehement angegriffen wird"?
Bist du etwa allen Ernstes der Ansicht, man hätte die Mitgliedscchaft in kommunistischen Massenorganisationen nicht grundsätzlich verweigern bzw. eine bestehende Mitgliedschaft nicht ad hoc wieder kündigen können?
asderrix hat geschrieben:Ich habe das Buch auch gelesen und finde es mehr als realistisch, das was ich in DDR Zeiten erlebte wird da wahrheitsgemäß wiedergegeben.
"
Mehr als realistisch" - genau das meine ich: dieses "
mehr als".
"[...] wahrheitsgemäß wiedergegeben" - eben nicht, sondern wie du zuvor geäußert hast: "
mehr als realistisch".
Denn entweder wird eine historische Situation rückblickend "realistisch", d.h.
wirklichkeitsgetreu widergespiegelt oder "
mehr als realistisch", d.i. "
unrealistisch" (=
nicht wirklichkeitsgetreu).
asderrix hat geschrieben:Aus anderen Beiträgen von TJS schlussfolgere ich, dass das Suchen nach Fehlern in diesem Buch, und er hat ja wirklich nichts gravierendes gefunden, lediglich Resultat eines nie bereinigten Konflikts mit Bruder Küttler ist.
Deine Schlussfolgerung enthält zunächst folgenden Fehler:
S. Küttlers Memoiren habe ich mir aus purem Interesse gekauft, nicht um darin nach Fehlern zu suchen (wie du unterstellst). Auslöser für den Kauf waren die beiden Rezensionen (siehe oben) und zwar vor dem Hintergrund eines meiner Interessengebiete: Geschichte im Allgemeinen, Kirchengeschichte im Speziellen und die „Brüder“geschichte im sehr Speziellen.
Für Berichte von Zeitzeugen habe ich immer sehr viel übrig gehabt und bin dankbar für manche Gespräche, die ich mit Vertretern älterer Generationen führen durfte. Da ich im aktuellen Fall den Autor persönlich kenne, war ich auf seine Erinnerungen um so mehr gespannt. Von einer „Suche nach Fehlern“ kann also überhaupt keine Rede sein.
Im Gegenteil: Andere Geschwister, die S. Küttler zum Teil noch besser kennen als ich, äußerten mir gegenüber ihr Unverständnis darüber, dass sich der Autor überhaupt hat dazu hinreißen lassen, so etwas wie eine Autobiographie auf den öffentlichen Markt zu bringen. Für Vertreter der Brüderbewegung sei dies eher ungewöhnlich. Mancher äußerte den Verdacht, dass S. Küttler seinerseits sich selbst in einem sonnigen Licht darstellen und nicht zuletzt mit den Verursachern der Spaltungen unter den „Exklusiven“ abrechnen will.
Solchen Kritikern gegenüber hatte ich den Autor in Schutz genommen und die Auffassung vertreten, dass es für uns Jüngere durchaus hilfreich sein kann, die Erinnerungen der Alten zur Kenntnis zu nehmen sowie aus ihnen zu lernen.
Was die „Fehler“ angeht, so muss ich nicht lange suchen. Ich vermag während des schlichten Lesens die Darstellungen des Autors mit meinen eigenen Erinnerungen abzugleichen. Um bei mangelnder Übereinstimmung zwischen den Darstellungen des Autors und meinen Erinnerungen sicher zu gehen, ob mein Gedächtnis möglicherweise nicht mehr gut genug funktioniert, frage ich schon mal bei anderen Zeitzeugen nach, wie diese meine Erinnerungen bzw. die Diskrepanz zwischen den Darstellungen des Autors und meinen Erinnerungen werten. Dies habe ich z.B. auch mit Blick auf die Darstellungen des Autors hinsichtlich der Mitgliedschaft in den kommunistischen Massenorganisationen getan.
Bereits vor knapp 2 Jahren antwortete mir ein Bruder, der im Milieu der DDR-„AV“ aufgewachsen war, auf Nachfrage:
„Lieber Thomas, [...] Eine Mitgliedschaft bei Pionieren, FDJ und Jugendweihe gab es eigentlich nie, denn das ging als Christ nicht. Allerdings sahen das einige bei dem FDGB nicht so eng, obwohl von den Satzungen her auch das nicht passte. Man hat dann von den Urlaubsangeboten profitiert [...]“ (Hervorhebungen in
Fettdruck von mir)
Ob nun „Pioniere“, FDJ, DSF, FDGB ... in ihrem
Wesen und
Selbstverständnis gab es keinen Unterschied:
Alle diese politischen Organisationen dienten de facto als Transmissionsriemen zur ideologischen Vereinnahmung der Bevölkerung im Sinne der antichristlichen Doktrin des Marxismus/ Leninismus.
Es bleibt mir ein Rätsel, wie man als Christ - unter Wahrung einer aufrichtigen Herzenshaltung - etwa einen Unterschied zwischen FDJ und FDGB herbeilügen kann!
Zum zweiten Teil deiner Aussage im Satz oben: Legst du es wirklich darauf an, dass ich auch auf die
„gravierenden“ Dinge in Küttlers Buch zu sprechen komme? Vermutlich würde es dir gar nicht gefallen, worüber hier dann ebenfalls nachgedacht werden müsste.
Zum letzten Teil deiner Aussage im Satz oben: In der Tat, dass ich mich hier überhaupt zu diesem Themenkomplex äußere, hat durchaus etwas mit dem bis heute bzgl. dieser Punkte unbereinigten Konflikt zu tun. Allerdings beschränkt sich dieser Konflikt nicht auf S. Küttler und mich. Meine Position hatten damals noch andere Christen eingenommen, Küttlers Position wird heute noch von etlichen verteidigt. Du gehörst doch selbst zu den Verteidigern der „AV“-Inkonsequenz, die ich Heuchelei nenne.
asderrix hat geschrieben:Was die Mitgliedschaft in DSF, oder anderen Organisationen der DDR angeht, ich habe eine Anstellung als Lehrmeister nicht angenommen, weil damit verbunden war, Mitglied der DSF zu werden [...]
Gibst du damit nicht selbst zu, dass solche Mitgliedschaften
grundsätzlich freiwillig und lediglich bei bestimmten Karrierebestrebungen mehr oder weniger Bedingung waren?!
Begnügte man sich jedoch mit einer Stellung im unteren Bereich der Karriereleiter, so fehlte den vereinnahmenden Funktionären das wirkungsvollste Druckmittel hinsichtlich der Mitgliedschaft in derartigen Organisationen, die sich übrigens
in jedem Fall als Bekenntnis-Organisationen im Sinne des ideologischen Marxismus/ Leninismus definierten (siehe deren Statuten).
asderrix hat geschrieben:[...] ich würde mich aber nie entreister, Geschwister, die in dieser oder anderen Organisationen deshalb anzugreifen oder zu verunglimpfen.
Bitte erlaube mir auch dazu ein paar Gedanken:
(1) Wen habe ich
"verunglimpft"?
Ich greife niemanden wegen der Mitgliedschaft an, sondern mir ging es von Anfang an vor allem um die Heuchelei führender, verantwortlicher Brüder: Einerseits deren strenge „Reinheitslehre“ in puncto „Tisch des Herrn“, so dass Christen anderer Traditionslinien nur aufgrund ihrer nominellen Zugehörigkeit - etwa zu einer sog. Freikirche - nicht zum Gedächtnismahl zugelassen waren, andererseits
„sahen das einige bei dem FDGB (Anm.: DSF etc.)
nicht so eng, obwohl das von den Satzungen her auch nicht passte“.Kannst du mir folgen?
(2) Wie verstehst du folgenden Abschnitt aus der Lehre der Apostel:
Der Apostel Paulus im 2. Korintherbrief hat geschrieben:6:14 Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen. Denn welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis?
15 Und welche Übereinstimmung Christus mit Belial? Oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen?
16 Und welchen Zusammenhang der Tempel Gottes mit Götzenbildern? Denn ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott gesagt hat: "Ich will unter ihnen wohnen und wandeln, und ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein."
17 Darum geht aus ihrer Mitte hinaus und sondert euch ab, spricht der Herr, und rührt Unreines nicht an, und ich werde euch aufnehmen;
18 und ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der Herr, der Allmächtige.
7:1 Da wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, so lasst uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes. (2Kor 6:14-7:1 - EL3 = Elberfelder 2003)
Ein Übersetzungsvergleich fördert möglicherweise auch hier das rechte Verständnis:
Der Apostel Paulus im 2. Korintherbrief hat geschrieben:6:14 Lasst euch nicht mit Ungläubigen in dasselbe Joch spannen. Wie passen denn Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit zusammen? Oder was haben Licht und Finsternis gemeinsam?
15 Welche Übereinstimmung gibt es zwischen Christus und dem Teufel? Was verbindet einen Gläubigen mit einem Ungläubigen?
16 Und wie verträgt sich der Tempel Gottes mit Götzen? Wir sind doch der Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott gesagt hat: "Ich will unter ihnen wohnen und leben. Ich werde ihr Gott und sie werden mein Volk sein."
17 Darum "zieht weg und trennt euch von ihnen", spricht der Herr, "und rührt nichts Unreines an, dann werde ich euch aufnehmen.
18 Ich werde euer Vater und ihr sollt meine Söhne und Töchter sein", spricht der Herr, der Allmächtige.
7:1 Diese Zusagen gelten uns, liebe Geschwister. Darum wollen wir uns von allem rein halten, was Körper und Geist beschmutzt, und in Ehrfurcht vor Gott die Heiligung verwirklichen. (2Kor 6:14-7:1 - NE2 = Vanheiden)
Bitte vergleiche die oben zitierten Gebote an uns Christen mit dem ideologischen Selbstverständnis jener marxistisch-leninistisch ausgerichteten Bekenntnis-Organisationen. Bitte richte dein Augenmerk dabei auch auf die erklärten Pflichten der Mitglieder und bewerte noch einmal die Mitgliedschaft geistlich.
Auszüge aus den Statuten zwei der wichtigsten jener Organisationen hatte ich bereits zur Verfügung gestellt:
asderrix hat geschrieben:Ich weiß auch von manchen, die durch ihre Zugehörigkeit zu diesen Organisationen und einen verbindlich gelebten Glauben in diesen Organisationen, für Leute aus diesen Organisationen zum Segen wurden, bzw. Entscheidungen zum Besseren beeinflussen konnten.
Auch dazu eine unschuldige Frage, an deren
präziser Beantwortung ich sehr interessiert bin:
Auf welche konkrete Weise sind jene dir bekannten Christen solchen Leuten
„aus diesen Organisationen zum Segen geworden“, wie sie es nicht auch
ohne eigener Mitgliedschaft in
„diesen Organisationen“ hätten sein können?
Oder anders formuliert: Auf welche Weise sind jene dir bekannten Christen solchen Leuten
„zum Segen geworden“, speziell
weil (nicht:
‚trotzdem’] jene Christen ebenfalls in
„diesen Organisationen“ Mitglied waren?
Bitte nenne zwei, drei konkrete und belastbare, d.h. nachprüfbare Beispiele.