Selig sind die geistlich Armen!?

Bibelverständnis der Brüderbewegung in Theorie und Praxis

Selig sind die geistlich Armen!?

Beitragvon toffil am Mo 25. Aug 2008, 09:48

Kennt jemand eine gute Auslegung, einen guten Kommentar zu dieser Stelle?
toffil
 

Re: Selig sind die geistlich Armen!?

Beitragvon Christian O. am Mo 29. Sep 2008, 15:05

Gefunden im Edition C Biblekommentar - als Anregung

"Wer aber sind die Empfänger der ersten Seligpreisung, die »Armen im Geist«? Schon die Übersetzung macht Schwierigkeiten, weil es mehrere Möglichkeiten gibt. Grammatisch möglich ist z. B. : »die durch den Geist Armen« - »die für den Geist Armen« - »die in Beziehung auf den Geist Armen«. Sodann kann man den Ausdruck »arm« in verschiedener Weise auffassen. Der Vergleich mit Lukas 6,20 und Lk 6,24 könnte es nahe legen, an äußere Armut zu denken, die man aus geistlichen Gründen bewusst wählt. Früher teilte ich selbst diese Auffassung (s. die »Lutherbibel erklärt« zu Mt 5,3). Denkbar ist weiter eine innere Armut vor Gott. Entscheidend ist die Beobachtung, dass Jesus auch hier an das Alte Testament anknüpft. In der Synagoge von Nazareth und in der Antwort an den Täufer (Lk 4,18 ff.; Lk 11,5) gibt er zu verstehen, dass er der Erfüller der Endzeitverheißungen Jesajas ist. Nach Jesaja 61,1 aber ist er gesandt, »den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden«. Gott will ja bei denen wohnen, »die zerschlagenen und demütigen Geistes sind« (Jes 57,15). Derselben Hoffnung geben die Psalmen Ausdruck: »Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben« (Ps 34,19; 51,19). Woher kommt nach den alttestamentlichen Stellen das Elend? Antwort: Durch die Sünde und die Folgen der Sünde (vgl. Jes 61,4-10; 57,16; Ps 34,20.23; 51,16). Mit dem Schlüssel des AT verstehen wir jetzt, wen Jesus in Mt 5,3 meint. Er meint diejenigen, die unter die Last eigener oder fremder Schuld gebeugt sind und ihre innere Armut vor Gott erkennen. Es sind diejenigen, die mit leeren Händen zu Gott kommen. Der Werberuf der ersten Seligpreisung lädt also zerschlagene und demütige Sünder zu Gott ein. Ein lebendiges Beispiel bietet der Zöllner in Jesu Gleichnis Lk 18,9 ff., der - übrigens wie David in Ps 51,3 - mit niedergeschlagenen Augen betet: »Gott, sei mir Sünder gnädig«.

Mit dieser Erklärung haben wir die Auffassung ausgeschlossen, als ob Jesus die äußerlich Armen selig preise. Es kann keine Rede davon sein, dass er an die Seite der politisch oder gesellschaftlich Armen und Entrechteten tritt, wie man das heute öfter hört. Eine solche Auffassung greift viel zu kurz, weil sie nicht damit Ernst macht, dass das Elend der Menschen durch die Sünde aller Menschen kommt. Sie kann eine Lösung nur im Vorläufigen und Vordergründigen anbieten. Ausgeschlossen ist ferner die Auffassung, dass der auf äußeren Besitz Verzichtende glücklich zu preisen sei. Die erste Seligpreisung gilt keineswegs dem Mönchtum mit dem Gelübde der Armut. Noch weniger sind die gemeint, die an Gaben des menschlichen oder des göttlichen Geistes arm sind."

Blessings
Christian O.
 


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