Jakobus im Widerspruch zu Paulus?

Bibelverständnis der Brüderbewegung in Theorie und Praxis

Re: Nach langer Stille ...

Beitragvon Tobias am Mi 24. Nov 2010, 23:08

toffil hat geschrieben:Im gesamten Kontext der Bibel zieht sich der rote Faden "Errettung allein aus Gnade und Glauben" durch, während Jakobus dies eindeutig anders formuliert. Ich bringe diese beiden Enden nicht zusammen.

athanasius hat geschrieben:Jakobus 2, 25: "Wurde nicht ebenso auch die Dirne Rahab durch ihre Werke als gerecht anerkannt, weil sie die Boten bei sich aufnahm und dann auf einem anderen Weg entkommen ließ?" Und wie steht es hier mit?

Ich bilde mir eigentlich ein, diese Fragen oben schon beantwortet zu haben ...

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Re: Nach langer Stille ...

Beitragvon schween am Fr 26. Nov 2010, 20:39

Die Sache mit Rahab ist nicht großartig schwierig.
Schauen wir und die zwei Stellen im Neuen Testament darüber an, dann erklären sie sich gegenseitig:

"Ist nicht ebenso auch die Hure Rahab durch Werke gerechtfertigt worden, da sie die Boten aufnahm und auf einem anderen Weg entließ?" (Jakobus 2,25)
"Durch Glauben ging Rahab, die Hure, nicht verloren mit den Ungläubigen, weil sie die Kundschafter mit Frieden aufgenommen hatte." (Hebräer 11,31)

Die treibende Kraft dieses Werkes war Glauben, und zwar ein ganz praktischer und kein bloßes "Fürwahrhalten". Durch dieses Werk ist der biblische Glaube offenbar geworden, durch den Rahab gerechtfertigt wird.



In den Anhang kopiere ich mal aus einer Bibelarbeit über dieses Thema, die mich derzeit gerade auch beschäftigt:

Exkurs: Der Glaube Rahabs
1) Jk 2,25f; Rahabs Glaube als Beispiel eines Glaubens, der Werke bringt
2) Jos 2,4-7; Rahab hatte die Kundschafter verborgen, Mt 7,24;
    a) die Initiative ging von Rahab aus
    b) sie stellt sich damit auf die Seite Gottes und Israels
    c) sie stellt sich damit gegen ihr Volk und ihre Stadt
3) Jos 2,8-11; Rahab offenbart den Grund ihres Glaubens, Hebr 10,22; Lk 1,4;
    a) sie „weiß“, d.h. sie ist überzeugt, sie ist gewiss
    b) dass Gott Israels Verheißungen erfüllen wird
    c) sie ist so überzeugt, dass sie in der Gegenwart redet, obwohl Israel erst am Anfang des verheißenen Landes steht
    d) sie erkennt das Wirken Gottes durch das Fallen der Furcht auf alles Volk
    e) sie kennt den Auszug der Kinder Israel aus Ägypten und was Gott getan hat
    f) sie kennt das Gericht Gottes an den Königen der Amoriter
    g) sie akzeptiert die Wirkung der Verzagtheit bei ihrem Volk
    h) sie glaubt den Zusagen und Verheißungen Gottes an Israel
    i) sie bringt sich und ihr Haus in Gefahr
    j) sie hat keine Angst
4) Jos 2,12-13; Rahab sucht praktische Errettung, Apg 16,30; 2,21+37f;
    a) sie erwartet, dass ihr Handeln belohnt wird, Hebr 11,6;
    b) sie will einen Schwur beim HERRN, d.h. Gott ist für sie letzte Instanz und Sicherheit
    c) sie beruft sich auf ihr Handeln, d.h. dass sie „Güte“ erweist, hier im hebr. checed, d.h. auch „Bundesgnade“
    d) damit zeigt sie an, dass sie dem Bund Gottes glaubt und in ihn – soweit es ihre Situation und ihre Mittel erlauben – eintritt
    e) sie erwartet dieselbe Güte bzw. Bundestreue als Antwort für sich und ihre Familie.
    f) Sie glaubt also an die Vollwirkung des Bundes Gottes auch für sich – sowohl im eigenen Handeln, als auch in der Antwort Gottes
    g) Sie riskiert ihr Leben und ist überzeugt, dass Gott es schonen wird.
    h) Sie erkennt die Notwendigkeit der Errettung vor dem Tod
5) Jos 2,14; sie erhält die konkrete Zusage von „Güte“ und noch mehr („Treue“) und glaubt daran, 2Kor 1,10; 2Tim 4,18;
6) Jos 2,15-16; ihr Glaube ist nicht punktuell, sondern dauerhaft. Sie hilft den Kundschaftern weiter konkret, d.h. der Glaube wirkt weiter, Joh 1,12;
7) Jos 2,17-18; Befehl der Wirkung des karmesinroten Fadens zu glauben, Röm 3,25;
8) Jos 2,19-20; Anweisung in diesem Schutz zu bleiben, Joh 15,1ff; Röm 6,6+11;
9) Jos 2,21; Rahab „glaubt“ und „tut“, Jk 2,2;
10) Jos 6,22-25; der Glaube Rahabs bringt konkrete Errettung, 1Petr 1,9;
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Re: Nach langer Stille ...

Beitragvon toffil am Do 9. Dez 2010, 14:57

Tobias hat geschrieben:
toffil hat geschrieben:Im gesamten Kontext der Bibel zieht sich der rote Faden "Errettung allein aus Gnade und Glauben" durch, während Jakobus dies eindeutig anders formuliert. Ich bringe diese beiden Enden nicht zusammen.

athanasius hat geschrieben:Jakobus 2, 25: "Wurde nicht ebenso auch die Dirne Rahab durch ihre Werke als gerecht anerkannt, weil sie die Boten bei sich aufnahm und dann auf einem anderen Weg entkommen ließ?" Und wie steht es hier mit?

Ich bilde mir eigentlich ein, diese Fragen oben schon beantwortet zu haben ...

Tobias

Hast Du meines Erachtens nicht. Jakobus 2,14 widerlegt nach meinem Dafürhalten sowohl Dich als auch Darby! Alle Versuche, diesen Widerspruch aufzulösen, die ich bisher gehört oder gelesen habe, waren menschliche, rhetorische Konstrukte.
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Re: Nach langer Stille ...

Beitragvon Tobias am Do 9. Dez 2010, 20:03

toffil hat geschrieben:Alle Versuche, diesen Widerspruch aufzulösen, die ich bisher gehört oder gelesen habe, waren menschliche, rhetorische Konstrukte.

Kein Wunder - wir sind ja nun einmal Menschen. Oder hältst du eine nicht- oder übermenschliche Lösung des Problems für möglich?

Die einzige Alternative zu all diesen Harmonisierungsversuchen wäre es m.E., einen wirklichen Widerspruch zwischen Paulus und Jakobus zu konstatieren. Damit gäbe man aber den Glauben an die Einheit der Heiligen Schrift auf.

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Re: Nach langer Stille ...

Beitragvon toffil am Fr 10. Dez 2010, 10:41

Hallo Tobias,

meine Betonung lag auf "Konstrukte" (kommt schriftlich nicht so gut rüber wie es verbal gelänge). Es wird mittels Rhetorik etwas konstruiert, was (vermeintliche) Widersprüche auflöst. Das Gleiche wird ja zu gern gemacht, wenn es um den Widerspruch zwischen freiem Willen und Prädestination geht.
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Re: Nach langer Stille ...

Beitragvon Robert am Sa 18. Dez 2010, 20:32

Ich kann dem, wenn ich die Bibel beim Wort nehmen will, nicht zustimmen!

Im gesamten Kontext der Bibel zieht sich der rote Faden "Errettung allein aus Gnade und Glauben" durch, während Jakobus dies eindeutig anders formuliert. Ich bringe diese beiden Enden nicht zusammen.


Die Antwort ist doch einfach!

Paulus schreibt immer zum Gegensatz :Errettung durch Glaube oder Werke ( vor allem für Juden wichtig) und beschreibt, wie, warum und auf welche Art ERRETTUNG geschieht, DURCH GLAUBE ohne WERKE( die dazugehören müßten)

Jakobus beschreibt wie dieser Glaube sichtbar wird, durch Veränderung des Menschen im Inneren.
Die Folgen der inneren Veränderung nennt er WERKE, er hätte diese auch anders nennen können.

Wer keine innere Veränderung erkennen läßt, ist nicht errettet.
Vor dem großen weißen Gerichtsstuhl werden die Werke gerichtet, sie bewiesen den Unglauben.
Liebe Grüße Robert
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Re: Nach langer Stille ...

Beitragvon toffil am Di 21. Dez 2010, 14:28

Falsch!

Jakobus schreibt DAS: "Was hilft es, meine Brüder, wenn jemand sagt, er habe Glauben, dabei aber keine Werke hat? Kann ihn denn der Glaube retten?"

Es ist völlig logisch, dass dies eine Suggestivfrage ist, bei der für Jakobus die Antwort bereits feststeht. Und die lautet "nein".

Somit sagt Jakobus klar aus, dass der Glaube (allein) den Menschen nicht retten kann.

Und das ist ein Widerspruch zu anderen Bibelstellen, welche aussagen, dass allein der Glaube rettet!

Diesen Widerspruch können wir Menschen nicht auflösen!
toffil
 

Re: Nach langer Stille ...

Beitragvon ebo am Di 21. Dez 2010, 18:35

toffil hat geschrieben:Somit sagt Jakobus klar aus, dass der Glaube (allein) den Menschen nicht retten kann.

Das ist Deine Logik, die aber nicht unbedingt stimmen muss. Wenn man das anders formuliert wird eher ein Schuh daraus. Ohne Werke (ob sichtbar oder unsichtbar) hast Du keinen rettenden Glauben. Aber selbst da ist fraglich ob Jakobus das überhaupt sagen will. Der Vers den Du zitierst, steht in einem gesamten Zusammenhang. Zumindest zu dem vorherigen Satz und dem nachfolgenden Abschnitt. Und da spricht Jakobus von einem "Bekenntnisglauben" (z.B. im Sinne von Mth. 7,21) . Jabous will damit sagen, das der Glaube (so denn vorhanden) durch Werke sichtbar würde und erläutert danach wie solcher Glaube seine Ausprägung erfährt. Echter, vorhandener Glaube würde z.b. nicht so handeln wie die Vers 15+16 es beschreiben ( (Kol. 1,10). Es geht hier also mehr um den Glauben als Ausdruck der Beziehung, die ein Gläubiger zu Gott hat, und was im Ergebnis dabei herauskommt. Derjenige der einen "nackten verarmten" Menschen ohne Hilfe wieder wegschickt, hat keine Beziehung zu Gott, und somit nicht diesen Glauben von dem Jakobus spricht. Die Dämonen haben auch Glauben, aber keine persönliche Beziehung zu Gott.

Mal abgesehen davon, dass Jakobus in seinem ganzen Brief überhaupt nicht von rettendem Glauben spricht. Die Empfänger des Briefes (Juden) waren Gläubige und hatten diesen rettenden Glauben schon. Er nennt sie Brüder.

Der Begriff Glaube kommt übrigens sehr vielschichtig in der Bibel vor und deshalb kann man nicht "Glauben" inhaltlich immer mit der gleichen Bedeutung belegen.

Höhepunkt dieses Glaubens sind die Werke Abrahams und Rahabs, die Dinge taten, die dem natürlichen Menschen, der den rettenden Glauben gar nicht hat, unmöglich sind. Abraham war zu einem Menschenopfer bereit, Rahab hat Landesverrat begangen. Der Glaube befähigte sie, zukünftige bessere Dinge zu sehen. Dieser Glaube war also auch nicht der rettendende Glaube.

Joh. 3,16 sagt: ... daß jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe.

Apg. 16, 31 sagt: Sie aber sprachen: Glaube an den Herrn Jesum, und du wirst errettet werden

Da steht nichts von Werken als notwendiges weiters Element der Errettung.

Vielleicht machst Du Dir es einfach auch zu schwer.
ebo
 

Re: Nach langer Stille ...

Beitragvon toffil am Di 21. Dez 2010, 19:06

Dem Gedanken, dass wahrer Glaube sich zwangsläufig durch entsprechende Werke manifestieren muß, stimme ich hundertprozentig zu.

Aber abgesehen davon, dass meine Hinweise gar nicht "meine Logik" sind, sondern die Widersprüche schlicht und ergreifend in der Bibel stehen (ich selbst bin fest davon überzeugt, dass allein die Gnade rettet), mache ich es mir lieber etwas schwerer, als herzugehen und biblische Widersprüche aus purer Angst vom Tisch zu wischen und zu behaupten, es seien gar keine.

Wenn es nämlich so ist, dass sich ein Mensch nach Erhalt der Frohen Botschaft und unter Abwägung des Für und Wider frei für oder gegen die Errettung entscheiden kann (was ich nicht glaube!), dann ist es auch so, dass wir Christen diese Entscheidung durch unser Verhalten und unsere Worte maßgeblich beeinflussen können. Richtig? Insofern hielte ich es für fatal, einem intelligenten Menschen gegenüberzutreten und zu behaupten, die Bibel enthielte keine Widersprüche. Dieser würde mich mit Recht auslachen! Und genau das fände ich nicht besonders wünschenswert. Ich habe in den letzten Jahren relativ oft mit Hochbegabten über den Glauben gesprochen, und ein solcher würde jemanden, der diese Behauptungen aufstellt, schlicht nicht mehr ernst nehmen.

Wenn Du beispielsweise behauptest, Jakobus spräche nicht vom rettenden Glauben, dann ist das ganz einfach falsch:

Jakobus 2,14: Was hilft es, meine Brüder, wenn jemand sagt, er habe Glauben, dabei aber keine Werke hat? Kann ihn denn der Glaube retten?

Diese Aussage ist eindeutig formuliert und bedeutet ganz klar, dass nach Jakobus' Ansicht der Glaube allein den Menschen nicht retten kann. Oder gibt es im Bezug auf das Christentum noch eine andere Art Rettung als DIE Rettung?

Man kann sich hier im Kreis drehen, wie man will, man kommt nicht daran vorbei, dass Jakobus hier etwas schreibt, was vermeintlich im Widerspruch zum biblischen Kontext steht. Und keiner von uns hat diesen Knoten bisher entwirren können.
toffil
 

Re: Nach langer Stille ...

Beitragvon ebo am Di 21. Dez 2010, 20:46

toffil hat geschrieben:Diese Aussage ist eindeutig formuliert und bedeutet ganz klar, dass nach Jakobus' Ansicht der Glaube allein den Menschen nicht retten kann.

Nochmal, gaaanz langsam ;-). Du unterstellst, dass Glaube immer 1:1 derselbe Glaube ist. Ist es aber nicht. Der Glaube von dem Jakobus spricht ist ein toter Bekenntnisglaube, nämlich weil er keine Werke zeitigt. Das geht aus dem Gesamtzusammenhang hervor. Und dieser Glaube rettet nicht, weil es kein Glaube zur Wiedergeburt ist( Joh. 3,7). Genau so wenig, wie der Glaube den die Dämonen haben, auch nicht rettet.

Dein Satz kann man/ Du also umformulieren in "nach Jakobus' Ansicht kann dieser [Art] Glaube den Menschen überhaupt nicht retten". Obwohl das gar nicht das Thema von Jakobus ist.

toffil hat geschrieben:Oder gibt es im Bezug auf das Christentum noch eine andere Art Rettung als DIE Rettung?

Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Errettung hat tatsächlich auch unterschiedliche Bedeutungen in der Schrift. Dazu vielleicht später mehr.
ebo
 

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