Christian O. hat geschrieben:Lieber toffil,
toffil hat geschrieben:Unfehlbarkeit der Bibel
Es ist nachgewiesen, dass in der Bibel Widersprüche zu finden sind. Und zwar solche, die nichts mit mangelnder Erkenntnis zu tun haben und sich bei Ansteigen der selbigen auflösen würden. Deshalb sind meiner Ansicht nach sämtliche Erklärungen hinsichtlich der Irrtumslosigkeit oder Unfehlbarkeit der Bibel falsch! Viel sinnvoller wäre, die Bibel als in ihren wesentlichen Aussagen irrtumslos zu bezeichnen.
Sorry dass ich jetzt gleich die große Keule heraushole, aber ich glaube mit derartigen Ansagen - zumindest wenn sie so wenig differenziert sind - verlässt Du den Konsens evangelikal - "bibeltreuer" Theologie. Siehe hierzu z.B. die Chicago - Erklärung unter
http://www.bibelbund.de/pdf/chicago.pdf, besonders die Artikel XI und XII.
Was ist denn in Deinen Augen eine "wesentliche" Aussage? Und wer entscheidet darüber, was "wesentlich" ist? Die Textkritik oder die Ergebnisse historisch kritischer Theologie oder die gemeindliche Interessenlage? Ich glaube Du sägst da an dem Ast, auf dem Du als Christ selber sitzest.
Blessings
Hallo Christian,
ich glaube viel eher, dass viele Christen genau von der Angst befallen sind, welche in der Chicagoer Erklärung erwähnt (und negiert) wird. Nämlich von der Sorge um die Bibel und den Glauben als Ganzes, falls man der Bibel tatsächlich irgendeinen Widerspruch nachsagen könnte.
Die Chicagoer Erklärung ist wie alles, was nicht Bibel heißt, im Gegensatz zu dieser etwas Unvollkommenes und Menschengemachtes. Das sieht man daran, dass zunächst sehr ausführlich die vollkommene Irrtumslosigkeit betont und auf Seite 15 dann wieder eingeschränkt wird, indem man versucht, mittels Rhetorik beides unter einen Hut zu bringen. DAS würde der Bibel sicher nicht passieren
Auf besagter Seite 15 steht so ziemlich das, was ich darüber denke. Somit hoffe ich, mit meinen Ansichten
nicht den Konsens verlassen zu haben.
Ich will Dir nur ein Beispiel für einen Widerspruch geben, den ich nicht auflösen und von dem ich mir nicht vorstellen kann, dass ihn irgendeine Erkenntnis jemals auflösen können wird: In den Auferstehungsberichten um Maria Magdalena im Lukas- und Johannesevangelium ist jeweils die Rede von
zwei Männern bzw. Engeln in strahlenden Kleidern , während Markus in der gleichen Situation von lediglich
einem Jüngling schreibt. Darüber hinaus wird bei Johannes auch noch Petrus erwähnt, der in den anderen Berichten an dieser Stelle nicht vorkommt.
Kannst Du die Diskrepanz auflösen? Ich vermag es nicht!
Aber hat sie irgendeine Relevanz? Nein! Allenfalls die, dass eine
Verbal-Inspiration der Heiligen Schrift meines Erachtens nicht vorliegt. Denn Verbalinspiration hieße Diktat, und ich bin davon überzeugt, dass die Bibel geistgewirkt, aber nicht diktiert worden ist.
Für mich sind diese Widersprüche vorhanden. Es gibt riesige Listen, in welchen vermeintliche oder wirkliche biblische Widersprüche aufgeschrieben sind; die habe ich mir bisher noch nicht ausführlich angeschaut, weil es mir einfach nicht wichtig ist.
Relevant wird das Ganze nur, wenn man gegenüber einem belesenen Nichtchristen behauptet, die Bibel sei vollkommen irrtumslos, und dann das Gegenteil bewiesen bekommt. Damit gerät man bei Gesprächen über den Glauben unnötig in die Defensive.
Wohlgemerkt will ich keinesfalls der historisch-kritischen Methode das Wort reden. Ich glaube fest daran, dass alles, was in der Bibel als historischer Bericht angegeben ist, auch genauso geschehen ist!
Aber eine vollkommene Irrtumslosigkeit ist ja schon angesichts der ungeklärten Frage, was denn der tatsächliche "Urtext" überhaupt ist, und der unterschiedlichen Herangehensweise bei der Übersetzung (Elberfelder möglichst wörtlich, Luther möglichst sinngemäß) unwahrscheinlich.
All das schmälert für mich die Größe Gottes nicht im Geringsten, und mein Glaube gerät nicht in Gefahr, wenn einmal von Einem und einmal von Zweien die Rede ist.