Anthony Norris Groves (1795-1853) ...

Historische Entwicklung der Brüderbewegung, historische Personen, Geschichte verwandter Strömungen

Anthony Norris Groves (1795-1853) ...

Beitragvon TJS am Mo 19. Okt 2009, 01:03

... gehört m.E. zu den bemerkenswertesten Dienern unseres HERRN Jesus Christus.

Er genießt meine höchste Wertschätzung und ich möchte seinen Glauben nachahmen (vgl. Hebr. 13:7):
http://www.nua.de/smf/index.php?topic=107.msg311#msg311 bzw.
http://www.nua.de/smf/index.php?topic=107.msg316#msg316

Kann mir jemand sagen, ob der berühmte Brief A. N. Groves' an J. N. Darby (http://www.bruederbewegung.de/pdf/grovesdarby.pdf) bereits in einer deutschen Übersetzung vorliegt?

Herzliche Grüße und beste Segenswünsche!
Thomas
Die Summe DEINES Wortes ist Wahrheit,
und jedes Recht DEINER Gerechtigkeit bleibt ewig.

Psalm 119:160
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Re: Anthony Norris Groves (1795-1853) ...

Beitragvon schneid9 am Mi 21. Okt 2009, 17:40

TJS hat geschrieben:Kann mir jemand sagen, ob der berühmte Brief A. N. Groves' an J. N. Darby ... bereits in einer deutschen Übersetzung vorliegt?

Lieber Thomas,

die erste deutsche Übersetzung des Groves-Briefs erschien wohl im Rahmen der Artikelserie "Rückblicke und Ausblicke" von Christian Schatz und Johannes Warns, Saat und Ernte 10 (1929), S. 8-15. Wir planen auf bruederbewegung.de in absehbarer Zeit die gesamte Serie zu veröffentlichen; hier schon einmal der Brief:

Mein lieber Darby!

Da das stürmische Wetter eine kleine Verzögerung herbeizuführen scheint, möchte ich England nicht verlassen, ohne Ihre Zeilen mit einigen Worten zu beantworten, und ohne einige andere Punkte, die für mich von Interesse sind, zu erklären. Ich habe immer bedauert, daß ich seit meiner Rückkehr nach England so wenig Gelegenheit zum Zusammensein und zur Aussprache mit Ihnen gehabt habe; ich hätte über vieles mit Ihnen sprechen und Ihnen manches erklären können, so daß wir uns vielleicht in größerem Einvernehmen hätten trennen können, als wir es jetzt tun; aber ich möchte Ihnen versichern, daß nichts mein Herz Ihnen entfremdet noch mein Vertrauen verringert hat, und daß ich noch vollkommen von Ihren großen und edlen Absichten überzeugt bin, die mich einst so begeistert und gewonnen haben; und obgleich ich fühle, daß Sie von jenen Grundsätzen abgewichen sind, durch welche Sie einst hofften, diese Ihre Absichten ausführen zu können, und daß Sie eigentlich in das Lager zurückgehen, von dem Sie ausgegangen sind, so bin ich im Grunde meiner Seele noch immer fest von der Aufrichtigkeit Ihres Strebens nach Gott überzeugt und finde, Sie brauchten nur noch ein paar Schritte vorwärts zu machen, um zu sehen, daß alle die Schäden (the evils) des Systems, von denen Sie bekennen getrennt zu sein, in Ihrer Mitte wieder entstehen.

Sie werden das nicht so sehr an den Vorgängen Ihrer eigenen Seele feststellen können, als vielmehr an der Gesinnung derer, die von Anfang an in diesem System unterrichtet worden sind und es für das einzig zu ertragende halten; diese sind nicht, wie Sie und jene, die zuerst mit ihnen verbunden waren, durch schwere Prüfungen, Leiden und Sorgen geführt worden und sind noch wenig mit der wirklichen Wahrheit vertraut, die inmitten unbegreiflicher Finsternis besteht.

Bei solchen wird wenig Mitgefühl und teilnehmendes Verständnis für andere zu finden sein, und da ihre Vereinigung (union) auf dem Wege ist, täglich mehr und mehr eine solche der Lehre und der Ansichten, weniger aber des Lebens zu werden, wird Ihre Ordnung – vielleicht unbemerkt und unausgesprochen – immer mehr dahin kommen, daß die Autorität von Menschen überwältigend in ihr gespürt wird. Man wird Sie mehr durch das kennen, was Sie in Ihrem Zeugnis ablehnen, als durch das, was Sie als richtig bezeugen, und das wird tatsächlich beweisen, daß Sie gegen alle zeugen, ausgenommen gegen Sie selbst, so wie die Walkeriten und Glassiten es taten. Ihr Schibboleth mag anders aussehen, aber vorhanden ist es jedenfalls doch.

Wie ich durch Ihren lieben Bruder W. erfahren habe, hat man behauptet, daß ich meine Grundsätze geändert habe. Alles, was ich hierzu sagen kann, ist dies:

Soweit mir die Grundsätze noch bewußt sind, über die ich frohlockte, als ich sie zum erstenmal in Gottes Wort endeckte, frohlocke ich jetzt noch zehnmal mehr über sie, seitdem ich erfahren habe, wie treffend sie auf die verschiedenartigen, verworrenen Zustände der Gemeinde von heute angewandt werden können, indem sie einem zugleich die Möglichkeit geben, jedem Einzelnen und jeder Gruppe (collection of individuals) die Stellung anzuweisen, die Gott ihnen anweist, ohne daß man sich jedoch mit irgend einem Irrtum desselben einsmacht. Ich habe immer verstanden, daß unser Grundsatz der Gemeinschaft (communion) der Familie Gottes der des Besitzes des gemeinsamen Lebens oder gemeinsamen Blutes ist, – denn das Leben ist im Blut –; das waren die Gedanken, die wir zuerst darüber hatten, und sie sind seither in mir zur vollkommenen Reife gelangt. Die Wandlung, die Ihre kleinen Körperschaften durchgemacht haben, besteht darin, daß sie jetzt nicht mehr eigentlich als Zeugen für die herrliche und einfache Wahrheit dastehen, sondern mehr als Zeugen gegen das, was sie als Irrtum beurteilen und das hat sie, nach meiner Auffassung, was ihre Stellung als Zeugen anbelangt, vom Himmel zur Erde erniedrigt. Ich meine, daß unsere Gedanken sich damals ganz vornehmlich damit beschäftigten, wie wir selber das Leben, das wir von Jesus empfangen hatten, am wirkungsvollsten offenbaren könnten, da wir wußten, daß das allein der Stimme des Hirten entsprechen könnte, und wie wir damals darauf aus waren, dieses Leben auch in anderen zu finden, und wie wir überzeugt waren, es irgendwo gefunden zu haben, wie wir diese andern dann auf Grund des göttlichen Anspruches dieses gemeinsamen Lebens baten, zu uns zu kommen und mit uns die Gemeinschaft des uns gemeinsamen Geistes zu genießen und vereint unser gemeinsames Haupt anzubeten, ganz gleich, ob sie über andere Dinge eng- oder weitherzig dachten, und da Christus sie angenommen hatte, so konnten auch wir es tun zur Verherrlichung Gottes, des Vaters. Ferner hielten wir dafür, daß es uns, ohne daß wir die Grenzen der Wahrheit überschritten, frei steht, wenn auch nicht in allen, so aber doch wenigstens teilweise, an ihren Zusammenkünften (services, eigentlich Gottesdiensten) teilzunehmen, denn, wenn wir sie wegen des Lebens in ihnen aufnahmen, konnten wir sie nicht wegen ihrer Systeme abweisen, ebensowenig konnten wir es ablehnen, wenigstens irgendwelche Teile in ihren Systemen anzuerkennen, obwohl wir vieles darinnen mißbilligten. Wir glaubten durch diese innere Gemeinschaft mit Gottes Hilfe alles das verwirklichen zu können, wonach wir uns sehnten: das Wandeln im Lichte, denn dadurch kämpft der Christ nach dem Gebot des Herrn gegen die Finsternis, die in ihnen sein mag; Joh. 3, 19: „Das ist aber das Gericht, daß das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt, als das Licht; denn ihre Werke waren böse. Denn jeder, der Arges tut, haßt das Licht und kommt nicht zu dem Licht, auf daß seine Werke nicht bloßgestellt werden“. Das ist ein schwierigeres Zeugnis, als das Predigen mit Worten oder das Absondern von andern; aber es hat gewaltige Macht über die Herzen anderer und übt einflußreichen Segen aus, was, wie ich weiß, keiner mit größerer Bereitwilligkeit zugeben wird, als Sie, lieber Bruder.

In dem Augenblick aber, wo das Zeugnis von der verbindenden Kraft des gemeinsamen Lebens einem Zeugnisse Platz macht, in dem man durch Predigt und Absonderung von andern den Kampf gegen die Irrtümer in den Vordergrund stellt, auch wenn diese mit dem gemeinsamen Leben vereinbar find, so überlegt man bei jedem einzelnen und bei jeder Vereinigung Einzelner erst, ob es wohl nötig sei, sich gegen sie zu wenden, und ihr Verhalten und ihre Grundsätze müssen erst geprüft und gebilligt werden, ehe sie aufgenommen werden können; und dieses richterliche Verfahren wird dahin führen, daß der Engherzigste und Buchstabengläubigste (Bigotteste) die Herrschaft haben wird, weil er seines Gewissens wegen weder nachgeben kann, noch will, und der Weitherzigere nachgeben müssen wird.

Lieber Darby! Ich merke, daß etliche der kleinen Häuflein auf dieses Ziel rasch hinsteuern, wenn sie es nicht schon erreicht haben. Für sie ist das Licht und nicht das Leben für die Gemeinschaft ausschlaggebend. Doch unsere lieben Brüder C. und H. sagen mir, daß ich einfach ein unverzeihliches Schisma (Spaltung) herbeiführe, wenn ich nicht durch diese Ansonderung [sic] von den Systemen, in denen jeglicher Maßstab verkehrt ist, gegen das Böse kämpfe, weil wir uns ja zu einem der vielen anderen Systemen bekennen könnten. Man kann von mir natürlich nicht verlangen, daß ich den Beweggrund ihres Handelns genau kenne, aber ich glaube Ihre Beweggründe zu kennen, wenigstens die, die Sie anfangs hatten. Waren nicht die Grundsätze, die wir anfangs über die Trennung von allen bestehenden Körperschaften niederlegten, diese: daß wir uns verpflichtet fühlten, uns von einzelnen Personen und Systemen zu trennen, sofern sie etwas von uns verlangten, was uns unser Gewissen nicht erlaubte, oder sofern sie uns davon zurückhielten, etwas zu tun, was unser Gewissen von uns forderte und nicht mehr? Und waren wir damals nicht eben so frei uns irgend jemanden oder irgend einer Gemeinschaft anzuschließen, soweit diese ihrerseits frei genug war, das von uns nicht zu verlangen, was uns unser Gewissen nicht erlaubte, und uns nicht an dem zu hindern, was uns unser Inneres gebot. Und empfanden wir nicht bei all dieser Freiheit, daß wir Brüder diejenigen, die noch gebunden waren, nicht gegen ihren Willen zur Freiheit zwingen sollten, und daß wir andererseits diejenigen, die frei waren, der Freiheit nicht berauben sollten?

Empfanden wir nicht die Notwendigkeit, das Gebot des Apostels zu befolgen, in solchen Fragen der Freiheit über das Gewissen anderer nicht zu Gericht zu sitzen, wie geschrieben steht: „Wer ißt, verachte den nicht, der nicht ißt; und wer nicht ißt, richte den nicht, der ißt; denn Gott hat ihn aufgenommen sowohl den einen als auch den anderen“?

Ich sondere mich also aus einem dieser beiden Gründe bis zu einem gewissen Grade von jedem System ab und halte das eher für die eigentliche Pflicht, die Gott mir auferlegt hat, als die Bekämpfung ihrer Fehler. Da jedes System in seiner Auswirkung, entweder enger oder weiter als die Wahrheit ist, so gehe ich entweder mit seinen Einrichtungen nicht gänzlich mit oder ich gehe über sie hinaus; aber ich möchte sie unendlich viel lieber mit all ihrem Bösen in Geduld tragen, als etwa von ihrem Guten mich trennen. Das waren unsere damaligen Grundsätze über Trennung und innere Gemeinschaft; wir hatten beschlossen, nie – weder mit Drohungen noch durch Versprechungen – den Versuch zu machen, die Menschen zu einheitlichem Handeln, zur Uniformität zu bewegen, wenn sie nicht einheitlich fühlten und dachten, und diesen Entschluß hatten wir einfach darum gefaßt, weil wir uns weder von Gott dazu berechtigt fühlten, noch es nach unserer Erfahrung für förderlich halten konnten, eine vollkommene Gleichheit des geistlichen Urteils zu erstreben, was uns unter dem Deckmantel geistlicher Autorität und Eifers für die Wahrheit als willkommener Ausweg für die fleischlich Gesinnten erschien.

Aber immer strebten wir danach, daß unser Weg hell wie das Licht sei und unsere Worte geräuschlos wie der Tau, und wenn die anderen dann schließlich doch noch „anders gesinnt“ blieben, so wollten wir Gott bitten, daß Er es ihnen dennoch offenbare. Gegenwärtig geht etwas vor, was das, was Sie vernichtet haben, wieder aufzubauen scheint, als ob man, wenn man schwach ist, großmütig und weitherzig sein könnte, aber als ob, wenn man sich stark fühlt, der wahre Sektengeist anfinge, Knospen zu treiben; so daß es ein stärkeres Band ist, „einer von uns“ zu sein, als es die Einheit in der Kraft des Lebens aus Gott ist.

Ich weiß – nach dem, was Lady Powerscourt mir erzählt hat, daß, solange Beziehungen zur englischen Staatskirche durch irgend welche Art Ihres Dienstes aufrecht erhalten wurden, und nichts vorlag, was Ihr Gewissen beunruhigt hätte, sie Ihr Zeugnis geduldig anhörten, aber nachdem Sie sie vollkommen verworfen hatten, sie Sie mit unerschütterlichem Groll verfolgten; dies führt manche dahin zu behaupten, daß die damalige Stellung falsch gewesen, und daß die gegenwärtige richtig sei.

Aber was ich aus all dem erkennen kann, ist nur dies: Solange Sie nur gegen die Dinge ankämpften, die auch von dem inneren göttlichen Leben der andern als böse verurteilt wurden, und solange Sie sich von jenen nur in dem Grade trennten, als diese sich von Christus getrennt hatten, machten Sie sie zu ihren eigenen Richtern, die über sich selbst zu Gericht saßen; und gleichzeitig erwarben Sie ihre heilige Zuneigung dadurch, das [sic] Sie das gelten ließen, was wirklich vom Herrn kam, und es mit ihnen teilten, obgleich Sie das System selbst, in dem Sie diese goldenen Körner fanden, nicht anerkennen konnten. Aber in dem Augenblick, als Ihre Stellung und Sprache eine vollkommene Trennung forderte, und zwar in gleicher Weise vom Bösen wie auch vom Guten, und Sie alle ohne Unterschied infolge ihres Systems verwarfen, erlaubte es ihnen ihr Gewissen nicht mehr, auf Ihrer Seite zu stehen, sondern sie fühlten, daß Sie, obgleich Sie nur einer ihrer Brüder im Vaterhause waren, eine noch stärkere Gewalt ausübten als der Vater selbst, ohne jedoch das barmherzige Herz eines Vaters zu haben, deshalb legten sie gleichsam Berufung bei unserem gemeinsamen Haupte ein, und zwar jetzt ebenfalls sowohl um ihret-, wie auch ihrer Systeme willen.

Keine Wahrheit steht meiner Meinung nach fester als die: wenn Sie durch Zeugnisablegen auf das Gewissen anderer eine möglichst große Macht ausüben wollen, dann müssen diese von Ihnen die vorurteilslose Meinung haben, Sie wollten ihnen eher mehr erlauben, als ihnen ihr eigenes Gewissen erlauben würde, und Sie müßten ihnen beweisen, daß Ihr Herz voll Liebe schneller darauf aus ist, eine Entschuldigung für ihre Fehler zu finden, als darauf, welche zu entdecken. Da wir die ersten waren, die nach diesen Grundsätzen handeln wollten, schreibe ich diesen Brief lieber an Sie als an H. und C., von denen ich mir so sehr wünsche, daß sie im Glauben und in der Liebe Gefolgschaft leisten mögen. Sie haben mir zwei sehr lange, freundliche Briefe geschrieben, die ich erfolgreicher und ausführlicher in einer kleinen Schrift zu beantworten gedenke und die ich auf meiner Reise für die Veröffentlichung fertigzustellen hoffe.

Ich bedaure außerordentlich, daß ich Sie in Bristol nicht getroffen habe, da ich mit Ihnen über Rhenius und andere Dinge, die mit Indien zusammenhängen, reden wollte; denn es ist ganz natürlich, daß ich die Gemeinschaft mit Ihnen und jenen lieben Brüdern suche, mit denen ich eines Sinnes bin über die große Tragweite der Wahrheit oder über die Wahrheit selber, in der die Kraft und der Friede des Evangeliums liegen, auch in Bezug auf die Ziele und Grundsätze des Dienstes weiche ich von Ihnen nicht ab. Der Unterschied liegt vielmehr nur in der Art und Weise, wie Sie für das Gute gegen das Böse ankämpfen. Wenn ich in dem Hause eines anderen zu Besuch bin, wird niemand mich für die Hausordnung dort verantwortlich machen oder ohne weiteres annehmen, daß ich durch meine Anwesenheit sie billige, man würde vielmehr natürlich in mein eigenes Haus kommen müssen, in dem ich zu bestimmen habe, um sich ein Urteil darüber zu bilden, wie ich zu diesen Dingen stehe; und im Falle, daß ich mit vielen anderen das Haus verwalte, würde man von mir gerechterweise nicht Rechenschaft fordern über Fehler, gegen die ich, soweit es in meiner Macht stand, Einwand erhoben habe, wo ich aber lieber den anderen nachgab, als daß ich auf ein noch höheres Gut verzichtete oder ein noch größeres Übel veranlaßte. Wenn man sagt, daß die Kraft meines Zeugnisses nicht fühlbar ist, es sei denn, daß ich mich mit meiner ganzen Person, also nicht nur etwa mit meinem Herzen und Leben – von allen Arten falscher Systeme trenne, dann muß ich darauf antworten: Er, der unsere Herzen richten wird, weiß, was Er von meinem Zeugnis zu halten hat, und Ihm bin ich bereit zu stehen oder zu fallen.

Die einen wollen nicht, daß ich mit den S–– Gemeinschaft pflege, weil ihre Ansichten über das Abendmahl nicht zufriedenstellend sind, andere wollen nicht, daß ich mit Ihnen zusammen bin wegen Ihrer Ansichten über die Taufe, wieder andere mißbilligen meine Beziehungen zur englischen Staats-Kirche wegen der Art ihres Gottesdienstes. Nach meinen Grundsätzen empfange ich sie alle; doch nach den Grundsätzen des Zeugnisses gegen das Böse müßte ich sie alle verwerfen. Ich merke, daß sie alle auf ihre Art gegen den Geist Christi sündigen und die schrecklichsten Abweichungen zulassen; aber es steht mir nicht zu, die Arten des Ungehorsams miteinander zu vergleichen und abzustufen. Ich mache von der Gemeinschaft des Geistes Gebrauch, um mich des gemeinsamen Lebens mit ihnen zu erfreuen und halte das für das beste Mittel, sie auf all die unrichtigen kleinen Einzelheiten aufmerksam zu machen, die sie trotz ihrer Vorzüge und ihrer Treue, ihrer Frömmigkeit und Ehrenhaftigkeit, angenommen haben. Ich werde auch nie die Trennung vom Guten um des Bösen willen für die richtige Art des Kampfes gegen das Böse halten, es sei denn, daß ich unendlich klarer sehe, als ich es jetzt tue, daß das Gottes Wille sei. Ich pflege natürlich mit denjenigen Gemeinschaft, in denen ich am deutlichsten Leben und Kraft aus Gott sehe. Aber es steht mir ebenso frei, in andere Kirchen zu gehen, wo ich Abweichungen von der schriftgemäßen Ordnung sehe, wie es mir freisteht, das Haus meines Freundes zu besuchen, obgleich er es vielleicht nicht so verwaltet, wie ich es tun würde, und ich würde es von jedem Bruder unvernünftig und unfreundlich finden, mich deswegen zu verurteilen, obgleich ich ihm vollkommene Freiheit zugestehe, über sich selbst zu urteilen. Sie dürfen nun aber nicht aus irgend etwas, was ich gesagt habe den Schluß ziehen, daß ich mich Ihnen gegenüber über die Angelegenheiten in Indien nicht aufrichtig und offen aussprechen werde; denn in meinem Innersten bin ich vollkommen davon überzeugt, daß Sie mit Ihrer Weitherzigkeit und Großzügigkeit so voll der Erkenntnis des Herrn sind, eines Tages jene Bande sprengen werden, in die Engherzige Sie geschlagen haben, und wieder aufs eifrigste daran arbeiten werden, alle lebendigen Glieder des lebendigen Hauptes praktisch zu einem Leibe zu vereinigen, und daß Sie sich dann nicht mehr von irgend einer kleinen Körperschaft, die Sie als ihren Gründer anerkennt, so zahlreich sie auch sein mag, sich einengen lassen werden. Ich ehre, liebe und achte Ihre Stellung in der Gemeinde Gottes, aber meine tiefe Überzeugung, daß Ihre geistliche Kraft unschätzbar größer war, als Sie noch inmitten der verschiedenen Gemeinden (Kongregationen) des Volkes Gottes verkehrten, und das Leben und die Kraft des Evangeliums verkündeten, ist so fest, daß ich Ihnen dieses alles sagen mußte zum Beweis meiner Liebe und meiner Zuversicht, daß Sie weniger in Betracht ziehen werden, wer Ihnen dies alles gesagt hat, als was darin an Wahrheit enthalten sein mag.

Ihr im Evangelium verbundener
A. N. Groves.

Milford Haven, den 10. März 1836.

Eine neuere Übersetzung des Briefes findet sich in dem Buch Gemeinde Jesu global (2008).
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Re: Anthony Norris Groves (1795-1853) ...

Beitragvon TJS am So 25. Okt 2009, 23:12

Lieber Michael,

vielen Dank für die wertvollen Hinweise - dadurch hast Du mir manche Mühe erspart!
Überhaupt herzlichen Dank dafür, dass Ihr mit Eurer Seite bruederbewegung.de eine derart grandiose Ressource zur Verfügung stellt!

Übrigens kann man die Dokumentation "Gemeinde Jesu global" inzwischen als PDF bekommen: http://www.cv-altenburg.de/uploads/medi ... 008_01.pdf

Mir war u.a. nicht klar, wen Groves im Brief an Darby mit "[...] as the Walkerites or Glassites" (Coad, History, p. 287) meint. Als Erklärung konnte ich folgenden aufschlussreichen Artikel von M. D. Makidon recherchieren: http://www.faithalone.org/journal/2002i/makidon.pdf

Gibt es eigentlich Erkenntnisse oder wenigstens Vermutungen, wen Groves mit "your dear brother W-" (Coad, p. 287), "our beloved brethren, C. and H." (Coad, p. 288/289) oder "[...] than to H- and C- [...]" (Coad, p. 290) gemeint haben könnte?
Andere Personen, wie z.B. Lady Powerscout oder Rhenius, werden in Coads Ausgabe schließlich nicht anonymisiert.

Herzliche Grüße und Segenswünsche nach Gießen,
Thomas
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Re: Anthony Norris Groves (1795-1853) ...

Beitragvon schneid9 am Do 29. Okt 2009, 13:55

Lieber Thomas,

vielen Dank für die beiden Links, die mir bisher noch nicht bekannt waren!

TJS hat geschrieben:Gibt es eigentlich Erkenntnisse oder wenigstens Vermutungen, wen Groves mit "your dear brother W-" (Coad, p. 287), "our beloved brethren, C. and H." (Coad, p. 288/289) oder "[...] than to H- and C- [...]" (Coad, p. 290) gemeint haben könnte?

Peter L. Embley (1966) setzt die drei Abkürzungen einfach mit "Wigram, Cronin, Hall" gleich (im Original S. 116, bei uns S. 74), ohne das näher zu begründen. "Your dear brother W-" würde ich aber ganz wörtlich nehmen und Darbys älteren Bruder William darunter verstehen; mit C. könnten auch Campbell, Code oder Clulow gemeint sein, mit H. auch Hargrove, Harris oder Hill. Letztlich bleibt das alles Spekulation. Gegen Cronin als C. spricht allerdings, dass "H. und C." laut Groves nicht zu den "Ersten" gehörten, "die nach diesen Grundsätzen handelten"; Cronin war ja sehr wohl einer der ersten "Brüder" in Dublin.

Übrigens fällt mir bei dieser Gelegenheit ein eklatanter Übersetzungsfehler in Saat und Ernte auf: "H— and C—, whose faith and love I do so truly desire to follow" ist mit "H. und C., von denen ich mir so sehr wünsche, daß sie im Glauben und in der Liebe Gefolgschaft leisten mögen" wohl kaum richtig wiedergegeben. Die Übersetzung in Gemeinde Jesu global ist auch nicht viel besser: "und es mein aufrichtiger Wunsch ist, Ihrem [= Darbys] Glauben und Ihrer Liebe folgen zu können". Gemeint ist doch sicher: "Ich sende diesen Brief an Sie ... und nicht an H. oder C., deren Glauben und Liebe ich dennoch aufrichtig nachzuahmen wünsche".
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