Re: Fragen an Christina Brudereck.
Verfasst: Mi 17. Jun 2009, 16:03
Hallo Toffil,
ok, dann kehre ich an den Tisch zurück und versuche einmal, ein wenig meine Position dar zu legen.
Ich denke, es hängt als erstes schon einmal an dem von Dir zitierten Bibelvers "Also ist der Glaube aus der Verkündigung" (Rö.10,17). Für Dich ist nun sofort sonnenklar, das "Verkündigung" automatisch "Predigt" meint. Ich bezweifle dies, denn
1) für "Verkündigung" in Rö.10,17 wird das Wort akoe benutzt, was sehr allgemein etwas Gehörtes meint. Strong definiert so: "als Erg.: d. was man hört, d. Gehörte: d. Kunde oder Botschaft, d. Gerücht, d. (gute oder schlechte) Ruf, d. Mitteilung, Rumor, Geschichte, Erzählung, Predigt, Bericht ...". Der Begriff an sich ist also schon wesentlich breiter gefasst als das Verständnis, was das Zitat von Tozer zum Ausdruck bringt.
2) Menschen kommen nicht ausschließlich durch "Predigten" zum Glauben. Wie sonst erklärt man sich, dass Menschen durch das reine Lesen der Bibel - um nur einen einzigen Weg zu nennen - bekehren.
3) Ich gehe noch einen Schritt weiter indem ich das Paulus in Rö.1,18 ff über die Erkennbarkeit Gottes in der Schöpfung schreibt auch als "Verkündigung" im breitesten Sinne von Rö.10,17 betrachte. Denn schließlich führt das von Gott erkennbare zu ihm hin, und Er stellt die Menschen aufgrund des erkennbaren in die Verantwortung.
Was folgt nun daraus? Genau nämlich, dass es darum geht die unverfälschte und vollständige Botschaft des Evangeliums den Menschen "hörbar" und "verstehbar" zu machen. Du sagst, dass das nur durch die Predigt geht, und dann wahrscheinlich auch noch durch die einer besonderen Art. Ich dagegen sage, dass es durch alles geht, was den Menschen "hörbar" ist, und sich in den Grenzen bewegt die ich (Sünde s.o.) und RChab dargelegt haben. Und ich bin absolut davon überzeugt, dass z.B. der "Jesus - Film" in diesem Sinne Verkündigung ist, vor allem aber effektive Verkündigung ist.
Als nächstes: ich denke dass niemand in diese Forum gedenkt, das Evangelium zu verwässern, daher sind die Beispiele offensichtlichen falschen Evangelisierens nicht hilfreich, weil es darum gar nicht geht. Ich könnte jede Menge Beispiele von der "anderen" Seite anführen, wo Menschen mit einer falsch verstandenen und gepredigten "Drohbotschaft" ein für alle mal erschlagen worden sind. Worum es mir geht ist: wo und wie bauen wir nicht notwendige Hürden auf, die es Menschen schwierig machen, mit der "hörbaren und verstehbaren" Botschaft von unserem herrlichen Gott in Kontakt zu kommen. Jetzt wirst Du wahrscheinlich sagen, dass es dafür ja besondere Aktionen gäbe und es nicht Aufgabe von Gemeinde sei usw.. Ich sehe das differenzierter: die Gemeinde in Jerusalem kommt zusammen in der Säulenhalle Salomos, einem nach allen Seiten hin offenen und einsehbaren Ort (Apg.5,12). Das war der Ort wo die Apostel heilten und das Volk die Macht Gottes sah, das war der Ort wo Menschen hinzugetan wurden, und das war der Ort, wo die Botschaft polarisierte! In der ganzen Apg. geht es in Sachen Gemeinde sehr öffentlich zu, und darum glaube ich auch, dass meine Auslegung von 1.Kor.14 nicht falsch ist wie Du meinst, sondern dass dies damals der Normalfall war (ich verweise noch einmal auf entsprechende Literatur u.a. H. Nickesch "Gottesdienste ohne Mauern"). Und damit sind wir bei der Frage, ob es nicht auch unsere Aufgabe als Gemeinde heute ist, wenn nicht zu evangelisieren, dann doch so evangelistisch zu sein, dass wir dem Wort Gottes und seiner Ausbreitung kein Hindernis sind, und dies wiederum ist vielfach ein Frage unsere "Gemeindekultur".
Ein paar Beispiele: warum zwingen wir einen Nichtchristen dazu, erst einmal eine "Sprache" lernen zu müssen, die nicht seine eigene ist, nämlich die Sprache Kanaans. Und jetzt nehme ich einmal das berühmte Wort "Sünde". Frage bitte einen Teenager auf der Straße, was den "Sünde" ist. Die Ergebnisse werden Dich erstaunen. Da nun unsere Umwelt unter Sünde etwas anderes versteht als was Sünde eigentlich ist, muss ich es ihr erklären. Und darum ist es zwingend notwendig, in jedem (!) Gottesdienst so zu sprechen, dass jeder Mensch verstehen kann was wir meinen. Schließlich sind unsere Kinder auch Teenager .... Und noch einmal: nicht jeder Gottesdienst muss "evangelistisch" sein, aber man muss von der Sprache her verstehen können, was der Predigende sagt.
Warum aber machen wir es einem Nichtchristen so unangenehm wie möglich zu uns in die Gemeinde zu kommen? Was nimmt ein solcher war, der in eine Brüdergemeinde konservativer Prägung kommt? Er muss als erstes einmal getrennt von seiner Partnerin sitzen, um ihn herum lauter Anzugträger, es ist extrem still, plötzlich ein Ruf "zweihundertdreiundsechzig", überall raschelt es und ein recht langsamer Gesang setzt ein. Danach wieder Pause, und auf ein geheimes Zeichen stehen alle auf, schon im Gebet wird ihm durch "wenn noch einer hier sein sollte der..." signalisiert, dass man ihn einschätzen kann. Danach wieder drei Minuten Stille, im Anschluss dann eine Predigt von 55 Minuten die unser Nichtchrist wegen des Vokabulars nicht versteht, und die beginnt mit "wie wir ja alle wissen ..." usw.. Sicher überzeichne ich, aber ist es nicht ungefähr so in den meisten Gemeinden dieser Prägung? Und wir erwarten dann von diesen Menschen, dass sie sich durch das alles nicht nur nicht abschrecken lassen wieder zu kommen, sondern sogar noch Christen zu werden, und das mit einem solchen (Vor)Bild vor Augen. Dabei verwechseln wir dann auch noch unsere Gemeindekultur mit den Bedingungen der Nachfolge und jammern hinterher über den harten Boden.
Jetzt könnte man ja sagen, dass diese Umstand dafür spricht, Nichtchristen eben nicht in die Gemeinde mit zu nehmen, sondern in gesonderten Veranstaltungen zu "bekehren". Aber was nutzt es, wenn ein solcher, vielleicht im Zelt mit kleiner Band und positiver Atmosphäre bekehrter Christ dann am nächsten Sonntag seinen Schock erlebt? Dann hatten wir etwas im Schaufenster stehen, was gar nicht am Lager ist, und das (!) wäre Manipulation.
Ich hoffe, dass ich in diesen beiden Punkten - und es gäbe noch einiges mehr - meine Position etwas fundierter darlegen konnte.
ok, dann kehre ich an den Tisch zurück und versuche einmal, ein wenig meine Position dar zu legen.
Ich denke, es hängt als erstes schon einmal an dem von Dir zitierten Bibelvers "Also ist der Glaube aus der Verkündigung" (Rö.10,17). Für Dich ist nun sofort sonnenklar, das "Verkündigung" automatisch "Predigt" meint. Ich bezweifle dies, denn
1) für "Verkündigung" in Rö.10,17 wird das Wort akoe benutzt, was sehr allgemein etwas Gehörtes meint. Strong definiert so: "als Erg.: d. was man hört, d. Gehörte: d. Kunde oder Botschaft, d. Gerücht, d. (gute oder schlechte) Ruf, d. Mitteilung, Rumor, Geschichte, Erzählung, Predigt, Bericht ...". Der Begriff an sich ist also schon wesentlich breiter gefasst als das Verständnis, was das Zitat von Tozer zum Ausdruck bringt.
2) Menschen kommen nicht ausschließlich durch "Predigten" zum Glauben. Wie sonst erklärt man sich, dass Menschen durch das reine Lesen der Bibel - um nur einen einzigen Weg zu nennen - bekehren.
3) Ich gehe noch einen Schritt weiter indem ich das Paulus in Rö.1,18 ff über die Erkennbarkeit Gottes in der Schöpfung schreibt auch als "Verkündigung" im breitesten Sinne von Rö.10,17 betrachte. Denn schließlich führt das von Gott erkennbare zu ihm hin, und Er stellt die Menschen aufgrund des erkennbaren in die Verantwortung.
Was folgt nun daraus? Genau nämlich, dass es darum geht die unverfälschte und vollständige Botschaft des Evangeliums den Menschen "hörbar" und "verstehbar" zu machen. Du sagst, dass das nur durch die Predigt geht, und dann wahrscheinlich auch noch durch die einer besonderen Art. Ich dagegen sage, dass es durch alles geht, was den Menschen "hörbar" ist, und sich in den Grenzen bewegt die ich (Sünde s.o.) und RChab dargelegt haben. Und ich bin absolut davon überzeugt, dass z.B. der "Jesus - Film" in diesem Sinne Verkündigung ist, vor allem aber effektive Verkündigung ist.
Als nächstes: ich denke dass niemand in diese Forum gedenkt, das Evangelium zu verwässern, daher sind die Beispiele offensichtlichen falschen Evangelisierens nicht hilfreich, weil es darum gar nicht geht. Ich könnte jede Menge Beispiele von der "anderen" Seite anführen, wo Menschen mit einer falsch verstandenen und gepredigten "Drohbotschaft" ein für alle mal erschlagen worden sind. Worum es mir geht ist: wo und wie bauen wir nicht notwendige Hürden auf, die es Menschen schwierig machen, mit der "hörbaren und verstehbaren" Botschaft von unserem herrlichen Gott in Kontakt zu kommen. Jetzt wirst Du wahrscheinlich sagen, dass es dafür ja besondere Aktionen gäbe und es nicht Aufgabe von Gemeinde sei usw.. Ich sehe das differenzierter: die Gemeinde in Jerusalem kommt zusammen in der Säulenhalle Salomos, einem nach allen Seiten hin offenen und einsehbaren Ort (Apg.5,12). Das war der Ort wo die Apostel heilten und das Volk die Macht Gottes sah, das war der Ort wo Menschen hinzugetan wurden, und das war der Ort, wo die Botschaft polarisierte! In der ganzen Apg. geht es in Sachen Gemeinde sehr öffentlich zu, und darum glaube ich auch, dass meine Auslegung von 1.Kor.14 nicht falsch ist wie Du meinst, sondern dass dies damals der Normalfall war (ich verweise noch einmal auf entsprechende Literatur u.a. H. Nickesch "Gottesdienste ohne Mauern"). Und damit sind wir bei der Frage, ob es nicht auch unsere Aufgabe als Gemeinde heute ist, wenn nicht zu evangelisieren, dann doch so evangelistisch zu sein, dass wir dem Wort Gottes und seiner Ausbreitung kein Hindernis sind, und dies wiederum ist vielfach ein Frage unsere "Gemeindekultur".
Ein paar Beispiele: warum zwingen wir einen Nichtchristen dazu, erst einmal eine "Sprache" lernen zu müssen, die nicht seine eigene ist, nämlich die Sprache Kanaans. Und jetzt nehme ich einmal das berühmte Wort "Sünde". Frage bitte einen Teenager auf der Straße, was den "Sünde" ist. Die Ergebnisse werden Dich erstaunen. Da nun unsere Umwelt unter Sünde etwas anderes versteht als was Sünde eigentlich ist, muss ich es ihr erklären. Und darum ist es zwingend notwendig, in jedem (!) Gottesdienst so zu sprechen, dass jeder Mensch verstehen kann was wir meinen. Schließlich sind unsere Kinder auch Teenager .... Und noch einmal: nicht jeder Gottesdienst muss "evangelistisch" sein, aber man muss von der Sprache her verstehen können, was der Predigende sagt.
Warum aber machen wir es einem Nichtchristen so unangenehm wie möglich zu uns in die Gemeinde zu kommen? Was nimmt ein solcher war, der in eine Brüdergemeinde konservativer Prägung kommt? Er muss als erstes einmal getrennt von seiner Partnerin sitzen, um ihn herum lauter Anzugträger, es ist extrem still, plötzlich ein Ruf "zweihundertdreiundsechzig", überall raschelt es und ein recht langsamer Gesang setzt ein. Danach wieder Pause, und auf ein geheimes Zeichen stehen alle auf, schon im Gebet wird ihm durch "wenn noch einer hier sein sollte der..." signalisiert, dass man ihn einschätzen kann. Danach wieder drei Minuten Stille, im Anschluss dann eine Predigt von 55 Minuten die unser Nichtchrist wegen des Vokabulars nicht versteht, und die beginnt mit "wie wir ja alle wissen ..." usw.. Sicher überzeichne ich, aber ist es nicht ungefähr so in den meisten Gemeinden dieser Prägung? Und wir erwarten dann von diesen Menschen, dass sie sich durch das alles nicht nur nicht abschrecken lassen wieder zu kommen, sondern sogar noch Christen zu werden, und das mit einem solchen (Vor)Bild vor Augen. Dabei verwechseln wir dann auch noch unsere Gemeindekultur mit den Bedingungen der Nachfolge und jammern hinterher über den harten Boden.
Jetzt könnte man ja sagen, dass diese Umstand dafür spricht, Nichtchristen eben nicht in die Gemeinde mit zu nehmen, sondern in gesonderten Veranstaltungen zu "bekehren". Aber was nutzt es, wenn ein solcher, vielleicht im Zelt mit kleiner Band und positiver Atmosphäre bekehrter Christ dann am nächsten Sonntag seinen Schock erlebt? Dann hatten wir etwas im Schaufenster stehen, was gar nicht am Lager ist, und das (!) wäre Manipulation.
Ich hoffe, dass ich in diesen beiden Punkten - und es gäbe noch einiges mehr - meine Position etwas fundierter darlegen konnte.