von ExAVler am Mo 19. Mär 2012, 22:45
Hallo Paule
Ich merke, dass Du Deine Versammlung wirklich magst. Mir ging es früher auch so. Ich konnte mir als Kind oder Jugendlicher gar nichts anderes vorstellen, als in die Versammlung zu gehen. Später habe ich erkennen müssen, dass gerade die Freiheit, die durch die Abwesenheit jedweder Organisation eigentlich möglich gewesen wäre, am Starrsinn und den verkrusteten Liturgien in der Versammlung krank geworden ist. Eine Überdosis Doktrin und Lehrsätze wurden dazu benutzt, um krude Verhaltensmuster zu legitimieren. Immer die gleichen eigentümlichen Rituale, die man nicht einmal in Frage stellen durfte, weil sie aus Sicht und Lehre der Brüder gar nicht existierten sondern vom Geist eingegeben waren. Es gibt sie eben doch die Rituale, die Liturgien und sie sind starrer als alle Liturgien in mir bekannten Gemeinden, weil ihre Existenz geleugnet wird. Die „Versammlung des lebendigen Gottes“ ,wie Du es nennst , hat selbst alle Lebendigkeit verloren. Jede abweichende Äußerung wird auch heute noch sanktioniert. Das Gespenst der Trennungen und Ausschlüsse ist immer noch eine Riesendrohkulisse. Das war auch nach dem Krieg noch so. Ich weiß von einem Fall, wo sich Brüder durch Ausschluss eines Mitbruders mit schrecklichen Folgen sehr schuldig gemacht haben, aber bis heute kein Unrechtsbewusstsein zeigen. Der Anspruch darauf allein vom Geist geleitet zu sein und sich zu seinem Namen hin zu versammeln ist oft völlig inhaltslos und verkommt zu einer immer wieder gepredigten Farce. Oft habe ich nachmittags bei den Männern gesessen und versucht, etwas von dem für mich mitzunehmen, was der vom Geist geleitete Bruder am Pult in bester Absicht von sich gab. Sehr oft war es nur ein sich über die Zeit Stammeln, weil keiner sich finden wollte, der diente. Es war sicher nicht im Sinne Jesu die Zuhörer voll zu salbadern ohne sich vorher ein paar Gedanke über das zu machen, was man sagen will.
Mein Wahrheitsempfinden stimmte nach und nach nicht mehr mit den Lehrmeinungen der Brüder überein. Wie kann es sein, dass nur die paar Figuren ohne Benennung den wahren Tisch des Herrn in ihrer Mitte hatten? Die Hardliner und Tempelritter unter den Brüdern haben ganze Versammlungen wegen Nichtigkeiten ausgeschlossen und sehr oft mit zweierlei Maß gemessen. Brüder, die sich absolut nicht im Griff hatten und sich in schlimmer Weise an ihren Kindern und Familien versündigt hatten, durften am Tisch bleiben und andere wurden wegen Nichtigkeiten und anderen Ansichten ausgeschlossen. Dieser ganze Hokuspokus mit den Empfehlungsschreiben, der doch nur davon zeugte, dass die Versammlung einen Exklusivanspruch auf den Tisch des Herrn erhebt und schlimmer als Logenbrüder eine verschworene Gemeinschaft ist die keine Eindringlinge duldet. Es wurde mehr ausgesondert als abgesondert. Ja es gab immer auch die weisen und sanftmütigen Brüder, die mit ihrer Liebe zur Bibel persönlich glaubwürdig waren. Ich erinnere mich an einen, der Spezialist in Sachen Stiftshütte war und jedes mystische Detail kannte. Ich habe nur gute Erinnerungen an ihn. Die Leidenschaft, mit der er sich seinem Thema widmete war ansteckend. Leider gab es aber auch die anderen, die Geheimpolizisten des Versammlungsgeistes und gibt sie immer noch. Wie mir scheint immer mehr. Jedenfalls oft in diesem Forum. Wenn ich mir einerseits die familiäre Verwobenheit der Brüder und Schwestern, die soziale Kontrolle und clanhaft ineinander verknäulten Versammlungsmenschen anschaue und andererseits dazu die dogmatische mit Demut getarnte Herrschsucht mancher Versammlungsbrüder und Väter wahrnehme, werde ich jetzt noch zornig, obwohl ich viel heute Distanz zu diesen Strukturen habe . Es ist mir unverständlich wie Menschen mit einem Rest an Persönlichkeit, diese Menschen ungehindert gewähren lassen. Wenn dann Erfahrungen von Aussteigern plump als Knacks, psychologisches Handicap, Dummheit oder sogar profilneurotische Bosheit von eben diesen Gestalten hier, die sich sogar als AVler oder mit der Versammlung verbunden bezeichnen vom Tisch gefegt werden, werde ich diese Typen laut, deutlich und manchmal auch mit beissender Ironie dazu bringen, sich selbst ad Absurdum zu führen. Ich brauche oft nur wenige Worte, um ihre absurde Glaubensverkrümmung zu offenbaren.
Viele Grüße
exAVler